Linke und Paritätischer sehen Bürgergeld-Reform gescheitert

Linke und Paritätischer sehen Bürgergeld-Reform gescheitert

Berlin (epd). Der Bürgergeld-Kompromiss zwischen der Ampel-Koalition und der Union ruft beim Paritätischen Wohlfahrtsverband und der Linken Enttäuschung hervor. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen, Ulrich Schneider, erklärte am Dienstag in Berlin: „Die vermeintlich größte Sozialreform seit 20 Jahren zerbröselt, noch bevor der Vermittlungsausschuss überhaupt zusammengetreten ist.“

Ampel und Union haben sich am Dienstag auf einen Kompromissvorschlag verständigt, über den am Mittwochabend der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat beraten will. Er sieht unter anderem wieder mehr Sanktionen vor, als bisher im Gesetzentwurf stehen. Stimmt der Vermittlungsausschuss zu, könnten Bundestag und Bundesrat am Freitag den Weg frei machen für die Reform, die zum 1. Januar 2023 in Kraft treten soll. Das Verfahren war nötig geworden, weil die unionsmitregierten Länder dem Gesetz der Ampel-Koalition nicht zugestimmt hatten. Das Bürgergeld soll die „Hartz IV“-Leistungen ablösen.

Schneider erklärte, von einer Überwindung von Hartz IV sei der Kompromiss von Regierung und Opposition denkbar weit entfernt. Es bleibe beim tiefen Misstrauen gegen Arbeitslose und einer Regelsatzerhöhung von elf Prozent, die gerade mal die Inflation ausgleiche.

Die Parteivorsitzende der Linken, Janine Wissler, warf der Union einen „Wettbewerb der Schäbigkeiten“ beim Schonvermögen, Sanktionen und Zwangsumzügen vor, der von der FDP flankiert worden sei. Außer der viel zu niedrigen Erhöhung der Regelsätze um 53 Euro bleibe im Wesentlichen alles beim Alten, erklärte Wissler.

Demgegenüber begrüßten die Arbeitgeber den Kompromiss. Der Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, Rainer Dulger, erklärte, das bewährte Prinzip des Forderns und Förderns bleibe erhalten: „Wir brauchen eine einladende Arbeitsmarktpolitik in die Betriebe und keine verfehlte.“ Bei den Regelungen für die Mitwirkungspflichten der Arbeitslosen werde mehr Klarheit geschaffen.

Dem Kompromiss zufolge sollen, anders als von der Ampel geplant, weiterhin Leistungskürzungen gegen Arbeitslose auch im ersten halben Jahr des Bürgergeld-Bezugs ausgesprochen werden können, wenn sie dem vereinbarten Plan nicht folgen. Die Ampel-Koalition wollte für diesen Zeitraum eine Vertrauenszeit schaffen, in der es nur zehnprozentige Kürzungen bei hartnäckigen Terminversäumnissen gegeben hätte.