Lützerath (epd). Bis zu 2.000 Menschen haben am Samstag für den Erhalt des vom Braunkohletagebau bedrohten Ortes Lützerath demonstriert. Sie forderten die nordrhein-westfälische Landesregierung und den Bund dazu auf, die Ausweitung des Tagebaus in Ost- und Westdeutschland zu stoppen und die Menge an Kohle, die noch gefördert werden darf, zu begrenzen. Nur so könne die Einhaltung der im Pariser Klimaabkommen festgelegten 1,5-Grad-Grenze gesichert werden. Dazu gehöre auch ein Räumungsmoratorium für Lützerath, hieß es.
Der Demonstrationszug rund um das Dorf Lützerath, einem Ortsteil der Stadt Erkelenz am Rand des rheinischen Braunkohlenreviers Garzweiler II, verlief nach Angaben der Polizei Aachen friedlich. Laut einem Polizeisprecher nahmen zwischen 1.200 und 1.500 Menschen teil, die Veranstalter sprachen von 2.200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Aufgerufen zu der Demonstration hatte ein Bündnis von acht Organisationen, darunter der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact, Fridays For Future Deutschland, Greenpeace Deutschland, Klima-Allianz Deutschland und Initiativen wie „Alle Dörfer bleiben“.
Dirk Jansen vom BUND hob hervor, dass es „ein großer Erfolg der Klimabewegung und der Grünen in NRW“ sei, dass der Tagebau Garzweiler verkleinert worden sei. Gleichzeitig zeigte er sich enttäuscht über den „Hinterzimmerdeal“ von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (beide Grüne) mit RWE, der es dem Energiekonzern erlaubt, 280 Millionen Tonne Braunkohle abzubauen. „Für den Klimaschutz ist das eine weitere schwere Hypothek“, so Jansen.
Marie-Theres Jung vom Diözesanrat der Katholiken im Bistum Aachen sagte: „Die Erde brennt.“ Die Klimakatastrophe träfe dabei als zuerst die Ärmsten in der Welt. „Es geht längst schon nicht mehr darum, die Schöpfung zu bewahren. Wir müssen retten, was noch zu retten ist“, mahnte sie mit Blick auf die 27. Weltklimakonferenz im ägyptischen Scharm el Scheich, bei der derzeit Delegierte aus mehr als 190 Ländern über Maßnahmen gegen die Erderwärmung verhandeln.
Die Grünen-Politiker Habeck und Neubaur hatten sich vor einem Monat mit RWE auf einen vorgezogenen Braunkohleausstieg von 2038 auf 2030 verständigt. Die Vereinbarung sieht außerdem vor, die noch zur Verstromung verfügbare Braunkohlemenge im Tagebau Garzweiler II auf rund 280 Millionen Tonnen zu halbieren. Fünf bislang von Umsiedlung bedrohte Dörfer im rheinischen Revier - Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich, Berverath - sollen erhalten bleiben. Der umkämpfte Ort Lützerath allerdings soll dem Bagger weichen, um an die darunter liegende Braunkohle zu kommen.
Jung und Jansen kündigten weitere Demonstrationen an. „RWE muss untersagt werden, hier vollendete Tatsachen zu schaffen. Lützerath darf nicht geräumt werden“, sagte BUND-Sprecher Jansen.
In dem größtenteils verlassenen Dorf leben laut Polizei seit Monaten rund 100 Klimaaktivisten in Zelten, Wohnwagen und leer stehenden Häusern, um zu verhindern, dass der Weiler für den Braunkohletagebau abgebaggert wird. Marie-Theres Jung rief die Aktivisten dazu auf, in ihrem Protest friedlich zu bleiben. „Es darf keinen Konflikt um Lützerath geben, vor allem keinen, der von der Polizei aufgelöst wird“, betonte sie. Nach Angaben des Polizeisprechers liegt bislang kein Räumungsgesuch des zuständigen Dezernats für Energie und Bergbau vor, das bei der Bezirksregierung Arnsberg angesiedelt ist.