Ukraine-Krieg: EKD-Ratsvorsitzende dringt auf Diplomatie

Ukraine-Krieg: EKD-Ratsvorsitzende dringt auf Diplomatie
Unter dem Eindruck des Leidens der Menschen in der Ukraine hat die Synodentagung der Evangelischen Kirche in Deutschland begonnen. Einmal mehr werden unterschiedliche Positionen zur militärischen Unterstützung des Landes deutlich.

Magdeburg (epd). Der Wunsch nach einem Ende des Krieges in der Ukraine hat den Beginn der Synodentagung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bestimmt. Die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus bekräftigte am Sonntag in Magdeburg ihre Forderung, Wege zu einem Waffenstillstand zu suchen. Während sie erneut die deutschen Waffenlieferungen als richtig und lebensrettend darstellte, wiederholte der mitteldeutsche Bischof und EKD-Friedensbeauftragte Friedrich Kramer seine Ablehnung.

„Waffen helfen, sich zu wehren und zu verteidigen, sie können Leben retten, das ist sehr viel“, sagte Kurschus in ihrem Bericht an das Kirchenparlament. Waffen allein schüfen aber keinen Frieden. „Frieden kann erst werden, wenn die Waffen schweigen und Gespräche möglich sind“, sagte sie.

Der Friedensbeauftragte Kramer sagte im Eröffnungsgottesdienst abweichend vom veröffentlichen Redemanuskript: „Müssen wir nicht um der Gerechtigkeit und Nächstenliebe willen helfen? Das ist klar. Aber auch mit Waffen? Ich sage Nein.“ Er fügte unmittelbar die Frage hinzu: „Aber können wir einem ungerechten Frieden zustimmen?“

Kurschus führte später vor den 128 Synodalen aus, diplomatische Bemühungen, um einen Waffenstillstand zu ermöglichen, müssten zwingend hinzukommen zur Solidarität mit der Ukraine und deren militärischer Unterstützung. Der Kriegstreiber Wladimir Putin müsse die Angriffe stoppen, das wäre das einzig Gerechte. „Aber er macht es nicht, allein wenn wir es fordern. Darum habe ich am Reformationstag dafür geworben, das Gespräch nicht zu verachten und dem geistesgegenwärtigen Wort etwas zuzutrauen“, sagte die oberste Repräsentantin der deutschen Protestanten.

Kurschus' Predigt zum Reformationstag hatte Kritik unter anderem beim ehemaligen ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hervorgerufen. Forderungen, Wege zu Gesprächen über einen Waffenstillstand zu suchen, seien herzlos. Für die Ukraine ist es aus seiner Sicht viel zu früh, Gespräche mit Russland zu führen.

Kurschus entgegnete am Sonntag in Magdeburg, der Ruf nach diplomatischen Bemühungen sei weder herzlos noch ignorant gegenüber den Menschen in der Ukraine. „Im Gegenteil. Er ist nüchtern realistisch und höchst aufmerksam für die Gefahr einer weiteren Eskalation des Krieges“, sagte die westfälische Präses und fügte hinzu: „Es geht mir nicht darum, die Ukraine zu Verhandlungen aufzufordern - oder gar zur Kapitulation. Das wäre in der Tat naiv. Aber ich unterstreiche: Gespräche auf unterschiedlichsten Ebenen dürfen niemals für unmöglich erklärt werden.“ Und sie gehe davon aus, dass es solche Gespräche permanent gibt. „Das ist meine große Hoffnung“, fügte sie hinzu.

Die Präses der EKD-Synode, Anna-Nicole Heinrich, sagte am Sonntag: „Unsere Welt gerät in schweres Wasser.“ Aufgabe der Kirche sei es, eine Antwort auf die Frage nach Halt zu geben.

Kurschus warnte die EKD davor, sich zu sehr mit der Frage des Mitgliederverlusts zu beschäftigen. Die Frage, wozu die Kirche gebraucht werde, „verführe dazu, permanent um unsere eigene Relevanz zu kreiseln“, warnte die westfälische Präses. Kurschus ist die höchste Repräsentantin der rund 19,7 Millionen deutschen Protestanten. Wie aus der jüngsten Kirchenmitgliederstatistik aus diesem Jahr hervorgeht, gehören nur noch knapp 50 Prozent der deutschen Bevölkerung einer Kirche an.

Das evangelische Kirchenparlament tagt bis Mittwoch in Magdeburg. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem Beratungen über den Haushalt, die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt und den kirchlichen Klimaschutz.