Polizei vermutet Anschlag nach Brand von Flüchtlingsunterkunft

Polizei vermutet Anschlag nach Brand von Flüchtlingsunterkunft
Beim Brand einer Flüchtlingsunterkunft in Mecklenburg-Vorpommern kommen die 14 Bewohner aus der Ukraine mit dem Schrecken davon. Das Entsetzen ist groß, denn die ersten Ermittlungen deuten auf Brandstiftung und ein politisches Motiv hin.

Groß Strömkendorf, Rostock (epd). Der Brand einer Flüchtlingsunterkunft für ukrainische Flüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern ist ersten Ermittlungen zufolge auf einen Anschlag zurückzuführen. Die Ermittler gingen von Brandstiftung aus, zudem werde ein politischer Hintergrund vermutet, teilte das Polizeipräsidium in Rostock am Donnerstag mit. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen. Landes- und Bundespolitiker äußerten sich entsetzt über den mutmaßlichen Anschlag.

Das Feuer zerstörte das als Flüchtlingsunterkunft genutzte Hotelgebäude in Groß Strömkendorf bei Wismar am Mittwochabend fast vollständig, Menschen wurden nach Angaben der Polizei nicht verletzt. Die 14 Bewohner der vom Deutschen Roten Kreuz betriebenen Unterkunft stammen aus der Ukraine und wurden in andere Einrichtungen des Landkreises Nordwestmecklenburg gebracht.

Polizei und Ordnungsamt des Landkreises hatten die Unterkunft nach eigenen Angaben am Mittwoch besucht, nachdem eine Hakenkreuz-Schmiererei auf dem Eingangsschild entdeckt worden war. Am Abend habe gegen 21.20 Uhr ein Alarm in der Einrichtung angeschlagen, hieß es. Die Feuerwehren seien wenig später vor Ort gewesen. Die knapp 120 Einsatzkräfte hätten sich darauf konzentrieren müssen, ein Übergreifen der Flammen auf umliegende Gebäude zu verhindern und das Gebäude kontrolliert abbrennen zu lassen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte bei einem Besuch in Groß Strömkendorf am Donnerstagabend: „Wir wissen im Moment noch nicht, was der Hintergrund ist. Die Vermutung ist da, dass es sich um einen Brandanschlag handeln könnte.“ Sollte sich das bestätigen, werde der Rechtsstaat mit allen Mitteln durchgreifen. „Die Tat muss verfolgt werden, es muss zu einer schnellen Anklage kommen und dann auch zu einer Verurteilung“, sagte sie.

Faeser beobachtet nach eigenen Worten rund acht Monate nach Kriegsbeginn weiterhin eine große Solidarität der deutschen Bevölkerung mit ukrainischen Flüchtlingen. Dass diese schwindet, sehe sie „noch nicht“.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), die Faeser begleitete, sagte, sie sei sehr besorgt, dass die Menschen aus der Ukraine nach der Flucht vor den Bomben Wladimir Putins nun wieder Angst um ihr Leben haben müssten. „Der Schutz dieser Menschen muss für uns eine hohe Priorität haben“, betonte sie. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) schrieb auf Twitter, sollte sich der Verdacht der Brandstiftung bestätigen, müsse dies harte Konsequenzen haben.

Vom Landesflüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern hieß es, es sei bereits seit mehreren Wochen „eine sehr schlechte Stimmung“ zu spüren gewesen. Politik und Verwaltung hätten zunehmend von „Belastung“ und „hohem Migrationsdruck“ gesprochen. Dem Landesflüchtlingsrat und Geflüchteten seien „anonym oder völlig offen und von der Gesellschaft unkommentiert Hassbotschaften entgegengeschleudert worden“, auch auf Demonstrationen habe es Hassparolen gegeben.

Der evangelische Flüchtlingsbeauftragte und Berliner Bischof Christian Stäblein schrieb auf Twitter: „Wer Geflüchtete angreift, greift uns alle an.“ Die Menschen aus der Ukraine seien dem Schrecken des Krieges entkommen. „Bei uns suchen sie Schutz und Sicherheit. Dafür müssen wir einstehen“, forderte der Beauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Flüchtlingsfragen.

Der katholische Hamburger Erzbischof Stefan Heße erklärte: „Menschen aus der Ukraine, die bei uns Schutz vor Krieg und Angst gesucht haben, werden enttäuscht und erneut verängstigt.“ Sollte sich die Vermutung einer Brandstiftung aus Fremdenfeindlichkeit bestätigen, „wäre das entsetzlich“, so der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz und Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen.