RWE zieht Braunkohle-Ausstieg auf 2030 vor

RWE zieht Braunkohle-Ausstieg auf 2030 vor
Lützerath soll Tagebau Garzweiler II weichen
Ein früherer Braunkohle-Ausstieg - dafür sollen zwei Kraftwerke länger laufen und der Ort Lützerath muss weichen. Die Grünen-Politiker Robert Habeck und Mona Neubaur haben sich mit RWE auf einen Deal geeinigt. Klimaaktivisten kündigen Widerstand an.

Berlin, Düsseldorf (epd). Der Energiekonzern RWE zieht seinen Braunkohle-Ausstieg im rheinischen Revier um acht Jahre auf 2030 vor. Die Siedlung Lützerath werde dennoch für die Braunkohleförderung abgerissen, erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gemeinsam mit seiner nordrhein-westfälischen Amtskollegin Mona Neubaur (beide Grüne) sowie dem RWE-Vorstandsvorsitzenden Markus Krebber am Dienstag in Berlin. Zudem sollen zwei Braunkohlekraftwerke von RWE im größten deutschen Bundesland wegen der aktuellen Energiekrise nicht wie geplant zum Jahresende vom Netz gehen, sondern noch bis Ende März 2024 in Betrieb bleiben. Kritik gibt es von Klima-Aktivisten, aber auch vom Koalitionspartner FDP.

Mit dem Braunkohleausstieg im rheinischen Revier bleiben Habecks Angaben zufolge 280 Millionen Tonnen Braunkohle in der Erde, deren potenzielle Verfeuerung verhindert werde. Die CO2-Bilanz werde dadurch deutlich verbessert, fügte der Minister hinzu. RWE werde den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben. Zudem sollen die Menschen in mehreren Dörfern nicht für den Tagebau umgesiedelt werden.

Landeswirtschaftsministerin Neubaur sprach sich für einen Dialog mit Klimaschutzinitiativen aus der Region aus. Die, die bislang in NRW friedlich demonstriert hätten, seien per Brief zu Gesprächen eingeladen worden. Sie betonte, Lützerath müsse abgebaggert werden. Der Erhalt sei „weder aus energiewirtschaftlicher oder wasserwirtschaftlicher Sicht noch aus Gründen der dauerhaften Standsicherheit zu verantworten“. Unabhängige Gutachten im Auftrag der Landesregierung hätten das gezeigt. „Auch wenn ich mir es anders gewünscht hätte“, erklärte die Grünen-Politikerin. Im September hatte das Verwaltungsgericht Aachen die letzten noch anhängigen Klagen gegen die Ausweitung des Tagebaus Garzweiler II abgewiesen.

Der Sprecher für Energiepolitik der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse, kritisierte die Entscheidung des Ampel-Koalitionspartners. Die vorgeschlagene vorzeitige Abschaltung von Kohlekraftwerken „sendet in Zeiten der Energiekrise ein falsches Signal an die Märkte“, sagte er. Es dürfe nicht zu Stromlücken kommen. Konventionelle Kraftwerke müssten so lange am Netz bleiben, bis ihre Leistung „vollständig und jederzeit“ kompensiert werden könne.

Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer verwies auf Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), denen zufolge die Energieversorgung auch ohne die Lützerath-Kohle gesichert werden könne. „Die Grünen sind vor RWE eingeknickt“, twitterte die „Fridays for Future“-Sprecherin. Auch die Klima-Allianz Deutschland verwies auf Studien, die zu einem solchen Ergebnis kämen. Die Entscheidung, Lützerath aufzugeben, sei „klimapolitisch ein großer Fehler“ und gefährde den sozialen Frieden in der Garzweiler-Region, twitterte das Bündnis aus mehr als 140 Klimaschutzorganisationen.

Die Initiative „Alle Dörfer bleiben“ warf den Grünen einen Bruch „mit der Wissenschaft und damit auch mit der Klimabewegung“ vor. „Wir können und werden diese Entscheidung nicht akzeptieren“, twitterte das Bündnis Betroffener der Braunkohlereviere in Deutschland. Das Klimabündnis „Ende Gelände“ kündigte via Twitter an: „Wir werden Lützerath verteidigen.“

Auch die Grüne Jugend kritisierte den Entschluss. „Die Entscheidung, Lützerath abzubaggern, ist eine Entscheidung gegen das Klima, die wir für falsch halten“, sagte Bundessprecher Timon Dzienus. Die Bundesregierung drohe, ihre Klimaziele aus den Augen zu verlieren. Die Entscheidung zerstöre den sozialen Frieden in der Region und sei klimapolitisch fatal, kritisierte NRW-Landessprecher Rênas Sahin. „Lützerath darf nicht fallen“, twitterte die Jugendorganisation.

Die Siedlung Lützerath ist in den vergangenen Jahren zum Symbol des Widerstandes gegen die Braunkohle geworden. In dem Ortsteil von Erkelenz haben sich Klimaaktivistinnen und -aktivisten niedergelassen.