Kabinett billigt Wohngeldreform: Mehr Empfänger, höhere Zuschüsse

Kabinett billigt Wohngeldreform: Mehr Empfänger, höhere Zuschüsse
Mit einer Wohngeldreform will die Regierung Menschen mit niedrigen Einkommen helfen, die immer weiter steigenden Wohnkosten zu stemmen. Sie ist auch Teil des dritten Entlastungspakets der Ampel-Koalition.

Berlin (epd). Das Bundeskabinett hat am Mittwoch in Berlin eine Wohngeldreform auf den Weg gebracht: Mehr als dreimal so viele Haushalte wie bisher sollen künftig Wohngeld bekommen können. Ein Gesetzentwurf von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) sieht eine Ausweitung des Empfängerkreises und eine Verdoppelung des staatlichen Wohnkosten-Zuschusses vor. Hintergrund sind die hohen Mieten und Energiekosten. Wohngeld bekommen Haushalte mit niedrigen Einkommen, die keine Sozialleistungen beziehen, sondern ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten.

Dem Gesetzentwurf zufolge soll das Wohngeld im Durchschnitt von rund 180 Euro auf 370 Euro im Monat steigen. Künftig wird die Warmmiete bezuschusst, während bisher die Heizkosten nicht berücksichtigt wurden, und es wird eine Klimakomponente eingeführt, um die Mieterhöhungen wegen energetischer Gebäudesanierungen zu berücksichtigen. Bundestag und Bundesrat müssen dem Gesetz noch zustimmen. Statt bisher rund 600.000 Haushalten sollen künftig zwei Millionen Haushalte Wohngeld beziehen können.

Bauministerin Geywitz sprach von einer „historischen Wohngeldreform“, wie es sie seit der Einführung der Leistung 1965 noch nicht gegeben habe. „Wohnen ist ein Menschenrecht und muss bezahlbar bleiben“, erklärte die SPD-Politikerin. Mit dem „Wohngeld Plus“ würden künftig 4,5 Millionen Menschen in zwei Millionen Haushalten unterstützt: Familien mit geringen Einkommen, darunter viele Alleinerziehende, sowie Rentnerinnen und Rentner. Es sollen auch mehr Mindestlohnbezieher durch den Wohnkosten-Zuschuss entlastet werden. Der Ministerin zufolge kostet den Bund die Reform 1,85 Milliarden Euro, genauso viel müsste die Länder beitragen. Bund und Länder finanzieren das Wohngeld je zur Hälfte.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sagte nach dem Kabinettsbeschluss bei einer Befragung im Bundestag, die Koalition wolle erreichen, dass Familien mit wenig Geld nicht mehr als 40 Prozent ihrer Einkünfte für die Wohnkosten aufbringen müssen, „was auch schon sehr viel ist.“ Bisher sei es häufig die Hälfte.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erklärte, für Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner werde das Wohngeld-Verfahren vereinfacht. So könne der Heimträger den Antrag stellen. Der Zuschuss könne auch vorläufig gezahlt werden, wenn das Wohngeld mit hoher Wahrscheinlichkeit bewilligt werde. Außerdem erhielten die Heimbewohner, die Wohngeld beziehen, auch den zweiten Heizkostenzuschuss, erklärte Lauterbach. Bisher bekommen seinen Angaben zufolge 85.000 Heimbewohner Wohngeld.

Das Kölner Institut für Wirtschaftsforschung (IW), das an den Berechnungen für die Reform beteiligt war, erklärte, das Wohngeld sei eine zielgenaue Entlastung und die nun beschlossene Erhöhung in Zeiten von Inflation und Energiekrise angemessen. Eine vierköpfige Familie in München beispielsweise mit einem Bruttoeinkommen von 2.386 Euro und einer Kaltmiete von 1.000 Euro habe bisher Anspruch auf 481 Euro Wohngeld und werde ab Januar 804 Euro erhalten, so die IW-Experten. Die Höhe des Wohngeldes richtet sich nach dem Einkommen, der Zahl der Personen in einem Haushalt und den Miethöhen in der jeweiligen Stadt oder Region.

Das Kabinett beschloss außerdem einen zweiten Heizkostenzuschuss für Wohngeld-Empfänger und einen Teil der Studierenden und Auszubildenden. Er war im dritten Entlastungspaket zwischen den Regierungsparteien vereinbart worden. Alleinstehende erhalten 415 Euro, Zwei-Personen-Haushalte 540 Euro und Haushalte mit mehr Mitgliedern für jede weitere Person 100 Euro mehr. Bafög-Empfänger sollen 345 Euro bekommen.