SPD-Fraktion weist Kritik der Wirtschaft an Bürgergeld-Höhe zurück

SPD-Fraktion weist Kritik der Wirtschaft an Bürgergeld-Höhe zurück
Die Kritik am künftigen Bürgergeld kommt aus verschiedenen Richtungen. Die Wirtschaft findet es zu komfortabel, Sozialverbände halten es für zu niedrig. Das Kabinett will an diesem Mittwoch über den Gesetzentwurf von Arbeitsminister Heil beraten.

Berlin (epd). Die SPD-Fraktion im Bundestag hat die Kritik aus der Wirtschaft am künftigen Bürgergeld zurückgewiesen. Der arbeits- und sozialpolitische Sprecher der Fraktion, Martin Rosemann, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Ich kann die Kritik an der Höhe des Bürgergeldes gerade in diesen Zeiten überhaupt nicht nachvollziehen.“ Menschen mit kleinem Geldbeutel gerieten derzeit in existenzielle Bedrängnis, sagte Rosemann. Die Wirtschaft findet die Unterstützung hingegen zu hoch, Sozialverbände halten sie für zu niedrig. Das Kabinett will an diesem Mittwoch über den Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) beraten.

Rosemann sagte mit Blick auf die Menschen, die auf staatliche Leistungen angewiesen sind, es sei eine zentrale Aufgabe des Sozialstaats, „dass wir mit dem höheren, inflationsangepassten Bürgergeld die Existenz der Menschen sichern und ihnen ermöglichen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.“ Es gehe außerdem nicht nur um mehr Geld, sondern vor allem darum, mehr Langzeitarbeitslosen den Weg aus der Bedürftigkeit in die Erwerbstätigkeit zu ermöglichen, erklärte der SPD-Politiker. Das Ziel der Regierung sei es, jeden einzelnen Menschen auf Augenhöhe zu unterstützen.

Rosemann reagierte damit auf Äußerungen des Präsidenten des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer. Wollseifer hatte es für Geringverdiener als demotivierend bezeichnet, wenn Bürgergeld-Bezieher künftig fast das Gleiche bekämen. Der Handwerks-Präsident kritisierte neben dem steigenden Regelsatz höhere Schonvermögen und den Wegfall von Sanktionen.

Die Ampel-Koalition will zum kommenden Jahr anstelle der bisherigen Hartz IV-Leistungen ein Bürgergeld einführen. Die Reform ist neben der Einführung einer Kindergrundsicherung das wichtigste sozialpolitische Vorhaben der Regierung. Der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen soll um gut 50 Euro auf rund 500 Euro steigen. Wie im Hartz-IV-System werden Wohn- und Heizkosten übernommen, nicht aber weitere Energiekosten. Die Sanktionen bei Pflichtverletzungen sollen abgemildert und auf Leistungskürzungen bis zu 30 Prozent beschränkt werden. Außerdem soll der Vermittlungsvorrang fallen. Langzeitarbeitslose würden damit künftig nicht jeden Job annehmen müssen, wenn sie stattdessen durch eine Weiterbildung längerfristig bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger kritisierte die Planungen für das „sogenannte Bürgergeld“ und verwies auf den Arbeitskräftemangel in der Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund sei die Reform „eine arbeitsmarktpolitisch fatale Wegmarke: Hier werden keine Brücken ins Arbeitsleben, sondern ins Transfersozialsystem geschlagen“, sagte Dulger. Es fehle zudem an Fairness gegenüber den Vollzeitbeschäftigten, die nur unterdurchschnittlich viel verdienten, während die Unterstützung angehoben werden soll, beklagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

Demgegenüber begrüßte der Sozialverband Deutschland die Reform, hält, wie andere Sozialverbände auch, den geplanten Regelsatz jedoch für zu niedrig. Dass das Bürgergeld nur etwa 50 Euro mehr als der Hartz-IV-Regelsatz betragen soll, sei enttäuschend, sagte die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). „Hier bleiben wir bei unserer Forderung: 650 Euro ab dem 1. Januar und 100 Euro sofort für den Übergang.“ Die Betroffenen dürften angesichts der steigenden Inflation nicht alleine gelassen werden, betonte die Verbands-Chefin.