Scholz: Wir werden "tapfer und mutig" in den Winter gehen

Scholz: Wir werden "tapfer und mutig" in den Winter gehen
Über die Energiepolitik haben sich Bundeskanzler Scholz und Oppositionsführer Merz im Bundestag einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Beide wollen aber verhindern, dass die Energiekrise in einem "heißen Herbst" zur Krise der Demokratie wird.

Berlin (epd). Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Menschen in Deutschland Mut gemacht, die Herausforderungen des kommenden Winters anzugehen. In der Generaldebatte des Bundestags zum nächsten Haushalt am Mittwoch in Berlin verteidigte er den Kurs der Regierung und sagte an die Adresse der Union: „Wir haben Probleme schon gelöst, bevor Sie überhaupt mitbekommen haben, dass sie existieren.“ Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) griff die Ampel-Koalition wegen der geplanten AKW-Notreserve scharf an und verlangte einen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke. Von der Linken kam Kritik an den Entlastungspaketen.

Scholz warnte in einer engagierten Rede davor, Spaltungen im Land herbeizureden. Er sei sicher, „unser Land wird über sich hinauswachsen“. Mit Blick auf die Entlastungspakete im Umfang von 95 Milliarden Euro sagte er: „Wir haben sehr viel gemacht, um die drängenden Probleme der Bürgerinnen und Bürger in den Griff zu bekommen. Wir werden das auch weiter machen.“ Die Regierung habe dafür gesorgt, „dass wir tapfer und mutig in diesen Winter hineingehen können“.

In der Energiepolitik habe die Koalition die Herausforderung angenommen, für den Winter vorzusorgen und gleichzeitig das Land so schnell wie möglich unabhängig zu machen von russischer Energie, betonte Scholz. Der Union warf er vor, jahrzehntelang den Ausbau erneuerbarer Energien blockiert zu haben. Die Ampel-Koalition habe daher schnell die Speicherung und Beschaffung von Gas als Ersatz für die ausbleibenden Lieferungen aus Russland sichern und die Ausweitung der Stromproduktion durch das Wiederhochfahren von Kohlekraftwerken ermöglichen müssen.

Im Streit um den Weiterbetrieb der letzten drei deutschen Atomkraftwerke stellte sich Scholz hinter die Ankündigung von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), zwei Kraftwerke bis April kommenden Jahres in Bereitschaft zu halten. Vorbereitet sei, „dass die Möglichkeit besteht, dass wir die Kernkraftanlagen im Süden Deutschlands betreiben können, damit es niemals einen Strommangel in Deutschland gibt, wenn das in diesem Winter im Januar, Februar und März notwendig ist“, sagte er. Wegen drohender Stromausfälle sollen die Atomkraftwerke Isar-2 und Neckarwestheim-2 in Süddeutschland bis Mitte April 2023 als Notreserve dienen, während der Meiler Emsland in Niedersachsen endgültig abgeschaltet wird.

Oppositionsführer Merz griff Scholz und Habeck scharf an. Die Welt frage sich, ob die Deutschen verrückt geworden seien, in einer solchen Situation drei Kernkraftwerke stillzulegen, die in der Lage wären, zehn Millionen Haushalte mit Strom zu versorgen, sagte er. Zwei AKWs im Standby zu halten, sei ein „fauler Kompromiss“ und „hochgradiger Unfug“. Merz betonte, die derzeit noch laufenden deutschen Anlagen, seien die modernsten und sichersten Kernkraftwerke der Welt und rief Scholz auf: „Stoppen Sie diesen Irrsinn.“

Linksfraktionschefin Amira Mohamed Ali warf dem Kanzler vor, entgegen seiner Versprechen viele Menschen mit ihren Problemen alleine zu lassen. Während über Nacht 100 Milliarden Euro für das Sondervermögen Bundeswehr aus dem Ärmel gezogen worden seien, kämen alle drei Entlastungspakete zusammen mit 96 Milliarden Euro auf weniger Geld.

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel bescheinigte der Regierung zahlreiche Fehlentscheidungen. „Sie haben allen Grund, einen heißen Herbst und Winter zu fürchten“, sagte sie. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann entgegnete, gerade angesichts der Krise sei die große Mehrheit der Abgeordneten darin einig, dass sie als Demokratinnen und Demokraten zusammenstünden „gegen die Rattenfänger von rechts“.

Auch Merz sagte mit Blick auf die AfD, wenn sie die aktuellen Probleme zum Gegenstand von Auseinandersetzungen auf den Straßen machen sollte, werde die Union ihr „mit allem, was wir haben“ entgegentreten.