Karlsruhe stärkt Recht auf Intimsphäre für Häftlinge

Karlsruhe stärkt Recht auf Intimsphäre für Häftlinge

Karlsruhe (epd). Häftlinge müssen nicht die Entblößung ihres Genitals für beaufsichtigte Urinkontrollen dulden. Es stelle eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, wenn für ein anlassloses Drogenscreening Gefangene immer bei der Urinabgabe beobachtet und keine alternativen Kontrollmöglichkeiten geprüft würden, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. (AZ: 2 BvR 1630/21)

Vor Gericht war ein inhaftierter Straftäter gezogen. Die Gefängnisleitung ließ regelmäßig allgemeine Drogenscreenings bei den Häftlingen durchführen, um Suchtmittelmissbrauch zu verhindern. Dafür musste der Gefangene sein Genital vor einem Beamten entblößen und eine Urinprobe abgeben. So sollte verhindert werden, dass der Gefangene heimlich Fremdurin abgibt.

Das Bundesverfassungsgericht sah in diesem Vorgehen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Intimsphäre. Es sei bereits fraglich, ob eine Justizvollzugsanstalt ohne konkreten Verdacht des Drogenmissbrauchs solche Urinkontrollen durchführen dürfe.

Das zuständige Landgericht Bochum hätte die prüfen müssen. Die landesrechtlichen Regelungen sähen zudem als Alternative für ein Drogenscreening die Blutabgabe in Form einer Punktion der Fingerkuppe vor. Auch dies hätte das Landgericht in den Blick nehmen müssen, erklärten die Verfassungsrichter. Die Häufigkeit der Urinkontrollen - eine pro Woche - sei ebenfalls nicht auf ihre Verhältnismäßigkeit hin bewertet worden. Dies müsse das Landgericht alles nun nachholen.