Frankfurt a.M., Köln (epd). Das von der Bundesregierung geplante Bürgergeld stößt aus unterschiedlichen Gründen auf Kritik. Der Kölner Armutsforscher Christoph Butterwegge kritisierte das Konzept der Ampelkoalition als „semantische Kosmetik“. Das Konzept bleibe in zentralen Punkten - etwa bei der Anhebung der Regelbedarfe - vage, sagte der Wissenschaftler am Donnerstag in Köln dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch beim arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln stieß das vorgelegte Konzept auf Vorbehalte.
Das Arbeitslosengeld ll werde nun zwar in Bürgergeld umbenannt, es gebe aber „keine substanzielle Korrektur“, erklärte Butterwegge. Um Hartz lV zu überwinden, müsste der Berufs- und Qualifikationsschutz wiederhergestellt, die Zumutbarkeitsregelung entschärft und eine Lohnersatzleistung wie die frühere Arbeitslosenhilfe geschaffen werden.
Der Arbeitsmarktökonom des IW Köln, Holger Schäfer, erklärte, die geplante Anhebung der Regelsätze sei angesichts der Inflation zwar richtig. Allerdings dürfe die pauschale Anhebung der Regelsätze nicht dazu führen, dass der Abstand zwischen den Transferleistungen und dem in Aussicht stehenden Arbeitslohn für den Empfänger zu gering wird, um in einen Job zu wechseln, sagte er dem epd.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte am Mittwoch Details für das geplante Bürgergeld präsentiert, das im kommenden Jahr das derzeitige Hartz-IV-System ablösen soll. Unter anderem sollen Menschen, die etwa wegen eines Jobverlusts auf Sozialleistungen angewiesen sind, künftig mehr Vermögen - das sogenannte Schonvermögen - behalten. Heil stellte auch eine Erhöhung des jetzigen Hartz-IV-Regelsatzes in Aussicht, nannte aber noch keine Höhe. Zudem soll in den ersten sechs Monaten des Bezugs des Bürgergeldes eine „Vertrauenszeit“ gelten, in der die Jobcenter gegen die Empfänger der Transferleistungen keine Sanktionen verhängen dürfen.
Diese Karenzzeit sei als „sanfter Übergang“ gedacht, betonte Schäfer, verabschiede sich jedoch von dem Prinzip des „Fördern und Fordern“. Die Bezieher der Transferleistungen könnten sich so in den sechs Monaten der „Vertrauenszeit“ in der Situation einrichten. „Und dann ist es möglicherweise zu spät, dass die Leute mit guten Chancen auf den Arbeitsmarkt zurückkehren.“ Mit dieser Regelung sende die Bundesregierung „das falsche Signal“.
Ähnliches gelte für die Pläne zur Anhebung des Schonvermögens, da dieses auch für Hartz-IV-Bezieher derzeit nicht zu gering sei, sagte Schäfer. In dieser Sache fehle ihm „eine Begründung dafür, warum die Schonvermögen, so wie sie sind, jetzt wirklich zu niedrig sein sollen“, erklärte der IW-Experte.