Experte warnt vor Antisemitismus auf Schulhöfen: "Man schaut weg"

Experte warnt vor Antisemitismus auf Schulhöfen: "Man schaut weg"
10.07.2022
epd
epd-Gespräch: Bettina Gabbe

Magdeburg (epd). Der Antisemitismusbeauftragte von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Schneiß, hat dazu aufgerufen, stärker gegen Antisemitismus unter Kindern und Jugendlichen vorzugehen. Das Phänomen tauche auf Schulhöfen auf, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen, sagte Schneiß in Magdeburg dem Evangelischen Pressedienst (epd). Beim Blick auf Schulen stünden bislang hauptsächlich die Lehrpläne im Religions- und Geschichtsunterricht im Fokus.

Laut dem in der Magdeburger Staatskanzlei angesiedelten Ansprechpartner für jüdisches Leben gibt es „große Handlungsunsicherheit“ bei Schulleitungen und bei der Pausenaufsicht: „Man hat nichts gehört, man schaut weg oder das Kind hat’s nicht so gemeint.“ Schneiß möchte unter anderem mit einer Studie das Bewusstsein für Antisemitismus an Schulen in Sachsen-Anhalt stärken. Erste Ergebnisse stellte er für Ende des Jahres in Aussicht.

Dabei gehe es weniger um Schuldzuweisungen, sondern vielmehr darum, Handlungssicherheit zu schaffen. Schulleitungen seien einem hohen Erwartungsdruck ausgesetzt und fühlten sich rasch angegriffen. Im Rahmen der Studie werden demnach Interviews geführt, die in Handlungsempfehlungen einfließen sollen.

Bei der Polizei ist laut Schneiß unter dem Eindruck des Anschlags auf die Synagoge von Halle 2019 das Bewusstsein für Antisemitismus gewachsen. Nach massiver Kritik gebe es nun einen kontinuierlichen Austausch zwischen Polizei und jüdischen Gemeinden: „Die Polizei hat sich eine Menge einfallen lassen, auch selbstkritisch, um hier stärker sensibel zu sein.“

Die Polizeischule beabsichtigt demnach eine eigene Stelle einzurichten, die sich dem Thema Prävention widmen soll. Überdies sei ein Polizeirabbinat geplant, sagte Schneiß. Der seelsorgerliche Bereich stehe dabei mangels jüdischer Einsatzkräfte nicht im Vordergrund. Vielmehr gehe es um die Vermittlung von Wissen über Judentum, Religion und Kultur. Eine solche Stelle gebe es bislang nur in Baden-Württemberg.