Scholz: "Unterhaken" gegen hohe Inflation

Scholz: "Unterhaken" gegen hohe Inflation
Konzertierte Regierungsaktion löst vor Start geteilte Erwartungen aus
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat mit Blick auf die steigenden Preise zum gesellschaftlichen Zusammenhalt aufgerufen. Über Reaktionen auf die hohe Inflationsrate soll ab diesem Montag eine sogenannte konzertierte Aktion in Berlin beraten.

Berlin (epd). Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und weitere Vertreter der Bundesregierung beraten am Montag mit Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden über mögliche Reaktionen auf die hohe Inflationsrate. Hohe Preissteigerungen insbesondere bei Energie und Nahrungsmitteln stellten ein ernstes soziales und wirtschaftliches Problem dar, erklärte das Kanzleramt vor der sogenannten konzertierten Aktion. Vor dem Start gibt es bereits unterschiedliche Erwartungen an das Krisentreffen.

Kanzler Scholz rief zuvor mit Blick auf die steigenden Preise zum gesellschaftlichen Zusammenhalt auf. „Wir müssen uns unterhaken“, sagte Scholz in seiner am Samstag veröffentlichten Videoansprache. Deshalb habe er, „wie das schon einmal in so einer schwierigen Zeit in den 60er und 70er Jahren war, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Bundesbank, Wissenschaftler eingeladen, mit uns darüber zu sprechen, was wir machen“.

Vor dem Krisentreffen warnte der Wirtschaftsweise Achim Truger vor zu hohen Erwartungen an das Treffen. Es gebe die Tarifautonomie „und die konzertierte Aktion kann Tarifverhandlungen nicht ersetzen“, sagte der Ökonom den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Online Sonntag). Dennoch sei es sinnvoll, sich in der aktuellen Lage zusammenzusetzen: „Alle drei Seiten tragen Verantwortung für die Inflationsentwicklung“, so Truger.

Vor der konzertierten Aktion sprach sich Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), für eine Steuer- und Beitragsbefreiung aus: „Die Lohnpolitik kann nicht die Antwort auf Kaufkraftverlust geben, statt gezielter Kompensation würde das Gießkannenprinzip angewendet“, sagte Hüther den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es müsse darum gehen, einen Teil der Belastungen durch Einmalzahlungen aufzufangen und die Tabellenerhöhungen in den Tarifverhandlungen nach der trendmäßigen Produktivität auszurichten.

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz kritisierte die geplante konzertierte Aktion. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Online Sonntag) sagte Merz: „Der Bundeskanzler hat sehr hohe Erwartungen geweckt. Er möchte eine Lohn-Preis-Spirale vermeiden, die die Inflation weiter anheizen würde. Dieser Ansatz trifft aber nicht den Kern des Problems.“ Wenn die Bundesregierung etwas gegen die Inflation tun wolle, müsse sie dafür sorgen, dass die verschuldeten Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen konsolidiert werden. Die Politik solle sich aus den Tarifverhandlungen heraushalten.

Der CDU-Sozialflügel forderte vor dem Krisentreffen weitere Entlastungen für die Bevölkerung. Der Arbeitnehmerflügel der Union (CDA) spricht sich unter anderem für eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Zuzahlungen für Hartz IV-Empfänger sowie langfristig niedrigere Preise im öffentlichen Personennahverkehr aus, zitieren die Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Samstag) aus einem Beschlusspapier des CDA-Vorstandes, das ihnen vorliegt.

Bei der konzertierten Aktion soll darüber gesprochen werden, wie Einkommensverluste abgemildert und zugleich eine Preisspirale vermieden werden könne. An dem Treffen nehmen nach Angaben der Bundesregierung die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi und Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sowie weitere Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden teil. Aufseiten der Bundesregierung werden unter anderem auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erwartet.

Konkrete Beschlüsse werden vom Auftakttreffen nicht erwartet, hieß es zuvor aus der Bundesregierung. Vielmehr solle ein Diskussionsprozess angestoßen werden. Konkrete Ergebnisse soll es im Verlauf der nächsten Wochen geben.