Fairtrade-Vorstand fordert mehr Tempo bei fairem Handel

Fairtrade-Vorstand fordert mehr Tempo bei fairem Handel
20.05.2022
epd
epd-Gespräch: Claudia Rometsch

Köln (epd). Die Entwicklung des fairen Handels muss nach den Worten des Fairtrade-Vorstandsvorsitzenden Dieter Overath deutlich mehr Tempo aufnehmen. Viele junge Menschen in den Ländern des globalen Südens nähmen soziale Ungerechtigkeit und nicht existenzsichernde Löhne nicht mehr hin, sagte Overath dem Evangelischen Pressedienst (epd) anlässlich des Jubiläums von Fairtrade Deutschland. „Die Ungeduld ist extrem groß.“ Die in Köln ansässige Organisation feiert am 10. Juni in Berlin ihren 30. Geburtstag.

Die jungen Menschen wüssten mittlerweile, wie die Welt woanders ausschaue, sagte Overath. Folge seien Landflucht und Migration. „Die Politik muss einen Zacken zulegen“, forderte er. Das aktuelle Lieferkettengesetz reiche nicht aus, um gerechte Arbeitsbedingungen für die Menschen im globalen Süden zu schaffen. Fairtrade Deutschland fordert ein Nachschärfen der EU-Strategie für nachhaltige Textilien, weil sie soziale Aspekte wie Arbeitssicherheit und existenzsichernde Löhne nicht ausreichend berücksichtige.

Seit der Gründung des Vereins 1992 sei der faire Handel stetig gewachsen, sagte Overath. Im vergangenen Jahr wurden mit 2,1 Milliarden Euro Umsatz so viele Fairtrade-Produkte verkauft wie nie zuvor. Es sei allerdings eine „mächtige Herausforderung“ gewesen, den Einzelhandel zu überzeugen, Fairtrade-Produkte ins Sortiment aufzunehmen. Der Durchbruch sei 1993 die Aufnahme von Fairtrade-Kaffee in das Angebot der Handelskette Rewe gewesen. Ein weiterer Meilenstein sei gelungen, als Fairtrade-Produkte 2006 mit Lidl erstmals bei einem Discounter gelistet wurden.

Das Vordringen von Fairtrade-Produkten in den Einzelhandel sei vor allem durch zivilgesellschaftliches Engagement gelungen, besonders das der Frauenorganisationen der evangelischen und katholischen Kirche. „Der zivilgesellschaftliche Diskurs ist unsere Stärke“, sagte Overath, der im Juni nach 30-jähriger Tätigkeit für Fairtrade Deutschland in den Ruhestand geht.

Fairtrade handelt nicht selbst mit Produkten, sondern fördert den Vertrieb fair gehandelter Waren, unter anderem durch die Vergabe eines Siegels für zertifizierte Produkte. Produzenten erhalten einen garantierten Mindestpreis und eine zusätzliche Prämie. Der Verein Fairtrade Deutschland besteht aus 36 Mitgliedern aus den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, Jugendbildung, Politik, Umwelt, Frauen und Kirche, darunter Brot für die Welt, Misereor und der Welthungerhilfe.