Bundesverfassungsgericht billigt einrichtungsbezogene Impfpflicht

Bundesverfassungsgericht billigt einrichtungsbezogene Impfpflicht
Hinweis: Zusammenfassung 1330, neu: Lauterbach, Stiftung Patientenschutz, DKG
Das Bundesverfassungsgericht hat die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht gebilligt. Der Gesetzgeber durfte wegen des erforderlichen Schutzes vulnerabler Menschen eine Impfpflicht für medizinisches Personal vorschreiben, befand das Gericht.

Karlsruhe (epd). Die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht ist verfassungsgemäß. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss entschieden. Das Gericht betonte, dass der Gesetzgeber wegen des Schutzes besonders kranker und pflegebedürftiger Menschen in Kliniken und Heimen festlegen durfte, dass das dortige Personal den Nachweis einer Covid-19-Impfung oder der Genesung von der Krankheit vorlegen muss. (AZ: 1 BvR 2649/21). Damit scheiterte die Verfassungsbeschwerde von 54 betroffenen Personen und Einrichtungen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüßte den Beschluss des Gerichts. Der Staat sei verpflichtet, besonders vulnerable Gruppen zu schützen, erklärte er. Er dankte den Einrichtungen im Gesundheitswesen und in der Pflege, die die einrichtungsbezogene Impfpflicht umgesetzt haben. „Sie haben großen Anteil daran, dass es in der schweren Omikronwelle nicht noch mehr Todesfälle gegeben hat“. Zugleich hält die Kritik von Verbänden an den gesetzlichen Regeln der Teil-Impfpflicht an.

Anlass des Rechtsstreits ist die seit dem 15. März 2022 geltende Regelung, wonach medizinisches und pflegerisches Personal eine Impfung gegen das Sars-CoV-2-Virus nachweisen muss. Ein Nachweis über eine Genesung von Covid 19 oder ein ärztliches Attest, dass man sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen kann, ist ebenfalls möglich. Liegt solch ein Nachweis nicht vor, kann das Gesundheitsamt ein Betretungs- oder auch Tätigkeitsverbot verfügen. Die gesetzliche Nachweispflicht läuft Ende 2022 wieder aus.

Die Regelungen sind umstritten. Betroffene sahen ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit verletzt, da sie - um weiter arbeiten zu können - mit der Nachweispflicht faktisch gezwungen werden, sich impfen zu lassen. Die im Grundgesetz geschützte Berufsfreiheit von Personal und Einrichtungen werde verletzt, argumentierten sie,

Die gesetzliche Nachweispflicht über eine Covid-19-Impfung oder eine Genesung von der Krankheit stellt laut Gericht zwar einen Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit beim Pflegepersonal dar. Und auch liege ein Eingriff in die Berufsfreiheit der Beschäftigten und der Einrichtungen vor. Das sei aber zum Schutz der in den Einrichtungen betreuten schwer kranken und besonders vulnerablen Menschen vor einer Infektion mit dem Sars-CoV-2-Virus erforderlich. Deren Ansteckungsrisiko würde „ungleich steigen“, wenn kein Nachweis einer Covid-19-Impfung oder Genesung davon verlangt werde.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, bezweifelte, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht „den bestmöglichen Infektionsschutz bieten kann“. Denn eine sterile Immunität bestehe durch eine Impfung nicht. „Eine effiziente Methode wäre ein verpflichtendes Testregime für das Personal in medizinisch-pflegerischen Einrichtungen. Aber zur Test-Option hat sich das Bundesverfassungsgericht nicht geäußert“, so Brysch.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hält trotz des Urteils an ihrer Forderung fest, die Impfpflicht auszusetzen. „Man muss hier zwischen der rein rechtlichen und der politischen Bewertung unterscheiden“, sagte der Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß der „Rheinischen Post“ (Donnerstag, Printausgabe Freitag). Er sei der Auffassung, dass es angesichts des politischen Scheiterns einer allgemeinen Impfpflicht konsequent wäre, auch die politische Entscheidung zu treffen, die einrichtungsbezogene Impfpflicht auszusetzen.