Käßmann: Mit Kindern über Sterben und Tod reden

Käßmann: Mit Kindern über Sterben und Tod reden
Zweitägige Fachmesse "Leben und Tod" in Bremen eröffnet
Oft wollen Erwachsene Kinder vor Sterben und Tod abschirmen, weil sie eine Überforderung fürchten. Auf der Bremer Kongressmesse "Leben und Tod" warnen Expertinnen davor, das Thema zu verschweigen. Das könne langfristig krank machen.

Bremen (epd). Die evangelische Theologin Margot Käßmann ermutigt dazu, mit Kindern über Sterben und Tod zu reden. „Je mehr wir den Tod verschweigen, desto mehr Macht geben wir ihm“, warnte Käßmann am Freitag zur Eröffnung der Bremer Kongressmesse „Leben und Tod“. Ihre Erfahrung sei, dass Kinder Gespräche über das Lebensende, einen Besuch auf dem Friedhof oder die Gegenwart bei einer Beerdigung gut verkrafteten, wenn sie vorbereitet seien. Expertinnen aus der Familien-Trauerbegleitung unterstützten ihre Position.

„Erwachsene müssen nicht alle Antworten haben, aber sie müssen die Fragen der Kinder ernst nehmen“, riet die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und langjährige hannoversche Landesbischöfin. „Wenn es uns gelingt, Worte und Rituale zu finden, dann hat der Tod nicht das letzte Wort, sondern das Leben“, sagte Käßmann. Insbesondere Rituale würden helfen, der Trauer Form zu geben: „Blumen auf das Grab legen, Erde auf den Sarg werfen, der Leichenschmaus.“

Die Situation von Kindern und Jugendlichen in der Sterbe- und Trauerbegleitung steht im Mittelpunkt der 13. Kongressmesse „Leben und Tod“, die noch bis Samstag in der Bremer ÖVB-Arena läuft. Unter dem Titel „Gibt es im Himmel Eiscreme?“ geht es unter anderem um Methoden kreativer Trauerarbeit, um tiergestützte Palliative Care, um Trauerprozesse verwaister Geschwisterkinder oder um den Umgang mit Kindern und Enkeln von Schwersterkrankten und Sterbenden im Hospiz.

So bekräftigte die Gelsenkirchener Familien-Trauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper in einem Fachvortrag, Kinder müssten gestärkt werden, um Gefühle zulassen zu können. Das könne spätere Traumata verhindern. Kinder zu loben, weil sie sich zusammenreißen und nicht trauern würden, sei nicht hilfreich. „Für unseren Lebensweg brauchen wir eine emotionale Muskulatur“, betonte die Expertin und ergänzte: „Es wird wieder heilen, wenn ich Trauer zulasse. Wenn nicht, kann ich krank werden.“

Schroeter-Rupieper stellte während der Messe auch ein Kinderbuch vor, das sie zum Thema geschrieben hat. Zur „Leben und Tod“ gehören nach Angaben der Veranstalter etwa 60 Vorträge und Workshops, die sich mit Hospiz- und Palliativarbeit sowie Seelsorge, Trauerbegleitung und Bestattungskultur beschäftigen. 108 Aussteller sind mit Ständen beteiligt.

In den vergangenen zwei Jahren musste die Messe in Präsenz coronabedingt abgesagt werden. Im Herbst soll es eine Neuauflage speziell für Süddeutschland geben. Sie ist am 21. und 22. Oktober in Freiburg geplant. Die nächste „Leben und Tod“ in Bremen steht für den 5. und 6. Mai 2023 im Messekalender.