Urteil: Keine Krankenkassenvergütung für OP eines "falschen Arztes"

Urteil: Keine Krankenkassenvergütung für OP eines "falschen Arztes"

Kassel (epd). Eine Klinik kann sich nur Operationen von „echten“ Ärzten von der Krankenkasse bezahlen lassen. Sobald ein in einem Krankenhaus angestellter Nicht-Arzt an einem chirurgischen Eingriff mitwirkt, liegt ein Verstoß gegen das gesetzliche Qualitätsgebot vor, so dass die Krankenkasse keine Vergütung zahlen muss, wie das Bundessozialgericht (BSG) am Dienstag in Kassel urteilte. (AZ: B 1 KR 26/21 R)

Konkret ging es um einen vermeintlichen Arzt, der zwar Medizin studiert, aber keine Ärztliche Prüfung abgelegt hatte. Um dennoch von der zuständigen Bezirksregierung Köln die Approbation erhalten zu können, fälschte er sein Zeugnis über die Prüfung. Auch Urkunden über zwei Doktortitel sowie eine Qualifikation zum „Facharzt für Viszeralchirurgie“ wurden gefälscht.

Seine angeblichen Leistungen im Medizinstudium bescheinigte er sich mit der Gesamtnote „gut“. Nachdem der Hochstapler einige Jahre in einer Klinik als Arzt gearbeitet hatte, wurde er vom Krankenhaus Düren eingestellt. Die Klinik fragte bei der Bezirksregierung nach, ob die Approbation korrekt sei. Als die Behörde dem zustimmte, arbeitete der vermeintliche Mediziner über sechs Jahre zunächst als Assistenz- und dann als Facharzt. So operierte er mal einen Leistenbruch, dann entfernte er die Schilddrüse oder amputierte einen Zeh.

Als ein Kollege wegen der zwei in kurzen Abständen erhaltenen Doktortitel misstrauisch wurde, flog der Schwindel auf. Der Mann wurde vom Amtsgericht Düren wegen Körperverletzung in 336 Fällen sowie Urkundenfälschung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Es folgte die fristlose Kündigung wegen arglistiger Täuschung. Mit der Klinik einigte sich der Mann wegen des zu Unrecht erhaltenen Gehalts auf eine Zahlung von 45.000 Euro.

Eine Krankenkasse forderte, die Klinik müsse die Vergütungen für OPs zurückerstatten, an denen der Fake-Arzt beteiligt war, rund 31.600 Euro für 14 stationäre Behandlungen. Neun weitere Krankenkassen haben bislang in anderen Verfahren ebenfalls Vergütung von insgesamt rund 1,5 Millionen Euro zurückgefordert.

Das BSG urteilte, dass der Kasse zu Recht die Vergütung für alle OPs zusteht, an denen der Nicht-Arzt mitgewirkt hat. Denn das Gesetz sehe vor, dass solche Eingriffe nur ein Arzt durchführen dürfe. Auch wenn andere Ärzte an den OPs beteiligt gewesen seien, könne keine Vergütung verlangt werden. Die gesamte Behandlung werde durch das Mitwirken des Nicht-Arztes „infiziert“. „Die Krankenkasse muss sich darauf verlassen können, dass Ärzte operieren und nicht Juristen“, sagte BSG-Präsident Rainer Schlegel.

Das Verfahren wurde an das Landessozialgericht Essen zurückverwiesen. Dieses muss nun prüfen, an welchen abgrenzbaren Behandlungsabschnitten der Nicht-Arzt nicht beteiligt war. Für diese könne das Krankenhaus eine Vergütung verlangen, so das BSG. Ob die Klinik die Bezirksregierung in Haftung nehmen kann, oder mögliche Ansprüche verjährt sind, blieb zunächst offen.