Missbrauchsfälle von Lügde: Ausschuss wirft Behörden Versagen vor

Missbrauchsfälle von Lügde: Ausschuss wirft Behörden Versagen vor

Düsseldorf (epd). „Umfangreiches Behördenversagen“ hat der Parlamentarische Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags zu den sexuellen Missbrauchstaten auf einem Campingplatz in Lügde (Kreis Lippe) festgestellt. „Die Menge an Versäumnissen, Fehlern, Fehleinschätzungen und Kommunikationspannen lassen strukturelle Probleme erkennen, die über das Versagen einzelner hinausgehen“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Börschel (SPD) am Donnerstag bei der Vorstellung eines Zwischenberichts im Düsseldorfer Landtag.

„Selten hat der Staat bei der Wahrnehmung eines Verfassungsauftrags so versagt wie im Fall der 'Kinder von Lügde'“, mahnte Börschel. Die Täter hätten zudem zwei Jahre früher gestoppt werden können, wenn die zuständigen Behörden ihre Aufgaben erfüllt hätten.

Der mehr als 4.000 Seiten starke Zwischenbericht listet zahlreiche Vorwürfe gegen die Behörden auf. Weder in den zuständigen Jugendämtern in den Kreisen Lippe und Hameln-Pyrmont (Niedersachsen) noch bei der Polizei im Kreis Lippe habe es im Vorfeld oder bei der Aufarbeitung der Taten zumindest so etwas wie „Dienst nach Vorschrift“ gegeben, sagte Börschel. Die beiden Jugendämter hätten im Falle eines missbrauchten Patenkindes nur unzureichend kommuniziert.

Die Polizei in Lippe sei bei den Ermittlungen „überfordert“ gewesen. Es seien Asservate vom Tatort verschwunden, zwei Polizisten hätten bei den Anhörungen im Ausschuss die Unwahrheit gesagt, erklärte Börschel. Der Ausschussvorsitzende forderte das Innenministerium auf, „Konsequenzen“ für die beiden Beamten zu ziehen.

Der Untersuchungsausschuss war nach Bekanntwerden des massenhaften sexuellen Missbrauchs auf dem Campingplatz eingerichtet worden. In zweieinhalb Jahren fanden rund 70 Sitzungen statt, mehr als 120 Zeugen wurden gehört. Laut Börschel wurden mindestens 32 Kinder missbraucht. Die beiden Haupttäter waren 2019 vom Landgericht Detmold zu 13 Jahren und 12 Jahren Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden.

Der Ausschuss machte Verbesserungsvorschläge. So müsse ein Jugendamt im Falle einer möglichen Kindeswohlgefährdung „wirksame Maßnahmen zum Schutz des Kindes“ ergreifen. Landesweit müssten standardisierte Qualifikationen oder Zusatzqualifikationen eingeführt werden.

In der Polizei müsse der Bekämpfung von Kindesmissbrauch und Kindesmisshandlung hohe Priorität eingeräumt werden. Zudem müsse bei Hinweisen auf mögliche sexuelle Übergriffe das Kindeswohl an erster Stelle stehen - noch vor der Strafverfolgung.