Hirnforscher fordert Emotionen und Begeisterung für mehr Klimaschutz

Hirnforscher fordert Emotionen und Begeisterung für mehr Klimaschutz

Bremen (epd). Der Bremer Hirnforscher Gerhard Roth fordert ein Umsteuern in der Kommunikation für mehr Klimaschutz. Verstand, Moral und darauf basierende Appelle reichten nicht aus, um wirksame und nachhaltige Veränderungen anzustoßen, sagte der Neurowissenschaftler am Mittwochabend bei einer Diskussion in Bremen. „Ohne Begeisterung und Vorbilder klappt es nicht“, betonte Roth und riet der Politik mit Blick auf den Klimaschutz: „Werbt im Rahmen der Vernunft maximal emotional.“

Das größte Hemmnis gegen einen Bewusstseinswandel und eine Verhaltensänderung bei der Energiewende sei die beim Menschen tief verwurzelte Tendenz zum „Weitermachen wie bisher“, warnte Roth. Das Festhalten an Gewohnheiten werde vom Gehirn durch das Ausschütten von Belohnungsstoffen verstärkt. „Das dämpft Änderungs- und Zukunftsängste, die gerade in Deutschland stark verbreitet sind.“ Deshalb werde auch von „lieben Gewohnheiten“ gesprochen.

Jeder Aufruf zur Verhaltensänderung müsse deshalb eine Belohnung in Aussicht stellen, die größer sei als durch das „Weitermachen wie bisher“, erläuterte der Neurobiologe. Unmittelbar wirksam sei eine materielle Belohnung etwa über Geld, „wenn auch nicht sehr nachhaltig“. Besser seien soziale Belohnungen wie Lob, Erfolg und Ansehen. Am längsten wirke allerdings die mit sozialer Anerkennung verwobene intrinsische Belohnung, die Freude am Gelingen: „Nur die intrinsische Belohnung, gespeist aus tiefer Überzeugung, erschöpft sich nicht in ihrer Wirkung.“

Informationen und Appelle dürften nicht zu nebulös, nicht zu moralisierend, nicht zu technizistisch und auch nicht zu ökonomistisch etwa durch die Aussage „besseres Klimaverhalten wird sich immer finanziell auszahlen“ formuliert werden. Bürgerinnen und Bürger müssten sofort erkennen können, dass es um sie gehe - und was sie persönlich davon haben. „Es geht um kleine Schritte, um glaubwürdige Vorbilder.“

Überdies müssten gerade in Krisensituationen Ohnmachtsgefühle bekämpft werden wie „es ist zu spät, wir können ja doch nicht mehr machen“. Die Begeisterung für den Klimaschutz müsse schon früh bei kleinen Kindern etwa in Kitas und Schulen trainiert werden, forderte Roth im Zentrum der Bremer Friedensgemeinde: „Was wir brauchen, ist eine Erziehung zum ökologischen Denken.“