Richter befragt Högel zu konkreten Todesfällen

Richter befragt Högel zu konkreten Todesfällen

Oldenburg (epd). Vor dem Landgericht Oldenburg hat der Vorsitzende Richter Sebastian Bührmann am Mittwoch erstmals den Zeugen und Patientenmörder Niels Högel in dem Verfahren gegen sieben seiner Ex-Vorgesetzten zu konkreten Todesfällen befragt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen vor. Sie hätten viele Mordtaten Högels verhindern können, wenn sie nicht weggeschaut hätten (AZ: 5 Ks 20/16).

An die zur Verhandlung stehenden drei Todesfälle im November 2001 im Klinikum Oldenburg konnte sich Högel spontan nicht erinnern. Auch zu vier der fünf Todesfälle im Mai und Juni 2005 im Krankenhaus Delmenhorst konnte er keine Angaben machen. Lediglich an den letzten Fall, den Tod von Dieter M. am 22. Juni 2005, erinnere er sich lebhaft, sagte Högel. Damals wurde er auf frischer Tat ertappt.

Im Zusammenhang mit seinen Medienkontakten berichtete Högel von „enorm vielen Anfragen“ nach seiner Verurteilung. „Sogar aus Australien“ sei eine Anfrage gekommen. Allerdings bedauere er inzwischen die Veröffentlichungen in einer True-Crime-Serie eines privaten Fernsehsenders. Er habe sich darin bei Angehörigen entschuldigen und seine Familie schützen wollen. Das sei nicht geschehen.

Nach wie vor ist unklar, ob Högel oder seine Familie für ein Telefon-Interview aus dem Gefängnis heraus Geld erhalten hat. Dies soll anhand von Verträgen geprüft werden, die am Dienstag in Högels Zelle beschlagnahmt wurden.

Unter den Angeklagten im Prozess sind Ärzte, Verantwortliche aus der Pflege und ein früherer Geschäftsführer. Ihnen wird Beihilfe zur Tötung durch Unterlassen vorgeworfen. Der Ex-Krankenpfleger Högel war am 6. Juni 2019 vom Oldenburger Landgericht wegen insgesamt 85 Morden zu einer lebenslangen Haft verurteilt worden. Er hatte Patienten mit Medikamenten vergiftet, um sie anschließend reanimieren zu können. So wollte er als Lebensretter glänzen.