Hilfsorganisationen: Humanitäre Lage in der Ukraine spitzt sich zu

Hilfsorganisationen: Humanitäre Lage in der Ukraine spitzt sich zu
Knapp eine Woche nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine warnen Hilfsorganisationen vor einer Verschärfung der humanitären Krise. In Kiew werde die Versorgung mit Medikamenten und Nahrung zunehmen schwierig, warnte Caritas International.

Frankfurt a.M., Genf (epd). Hunderttausende Flüchtlinge, Raketen auf Zivilisten, verletzte und tote Kinder: Die Ukraine steht wegen des russischen Einmarsches laut Hilfsorganisationen vor einer humanitären Katastrophe. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR warnt vor der möglicherweise größten Flüchtlingskrise in Europa in diesem Jahrhundert. Hilfsorganisationen rufen angesichts des Leids und der anhaltenden Kämpfe zu Spenden und mehr Geld für die Hilfe in dem osteuropäischen Land und den Nachbarstaaten auf.

Seit Beginn der Invasion am Donnerstag sind nach Angaben der Vereinten Nationen 660.000 Menschen aus dem Land geflüchtet. Die größte Flüchtlingskrise in Europa in diesem Jahrhundert sei zu befürchten, sagte UNHCR-Sprecherin Shabia Mantoo am Dienstag in Genf. Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, hatte zuvor erklärt, er habe in 40 Jahren Krisenerfahrung kaum jemals einen so schnell wachsenden Exodus erlebt. Insgesamt rechnet die Organisation mit bis zu vier Millionen Flüchtlingen aus der Ukraine.

Auch die Zahl der getöteten Zivilisten stieg weiter an. Nach Angaben des UN-Hochkomissariats für Menschenrechte kamen bis Dienstagmorgen 136 Zivilistinnen und Zivilisten ums Leben. 400 weitere wurden demnach verwundet. Unter den Toten und Verletzten seien 39 Kinder. Viele Menschen seien Opfer von Explosivwaffen wie Raketen geworden.

Caritas International warnte vor Engpässen bei der Versorgung. „Seit dem Beginn des Angriffs hat sich die Lage dramatisch verschlechtert“, sagte die Caritas-Ukraine-Fachkraft Henrike Bittermann dem Evangelischen Pressedienst (epd). In Teilen des Ostens der Ukraine sei die Arbeit wegen der Kämpfe eingestellt worden. Vor allem in Kiew werde die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten zunehmend schwieriger, warnte Bittermann, die bis vor knapp zwei Wochen in der westukrainischen Stadt Lwiw (Lemberg) war.

Derweil forderte das Rote Kreuz insgesamt 272 Millionen US-Dollar (243 Millionen Euro), um das Leid in der Ukraine zu lindern. „Die Zahl der Toten steigt weiter“, sagte der Generaldirektor des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Robert Mardini, in Genf. Die Gesundheitseinrichtungen seien mit der Situation überfordert. Der Gesamtappell bezieht sich auf das IKRK (146 Millionen Euro) sowie die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (97 Millionen Euro).

Auch die Diakonie Katastrophenhilfe bat um weitere Spenden. „Stündlich steigt die Zahl der Menschen, die über die Grenzen nach Polen, Rumänien, Ungarn, in die Slowakei und die Republik Moldau fliehen“, sagte der Direktor des Hilfswerks, Martin Keßler, am Dienstag in Berlin. „Wir rechnen damit, dass der Bedarf an Hilfe noch deutlich zunehmen wird.“ Bereits vergangene Woche wurde ein Nothilfefonds mit zunächst 500.000 Euro aufgelegt. Der Deutsche Evangelische Kirchentag rief ebenfalls dazu auf, die Arbeit humanitärer Hilfsorganisation für die Ukraine zu unterstützen.