Berlin (epd). Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine plädiert die Bundesregierung für weitere Sanktionen und ein geschlossenes Handeln der westlichen Demokratien gegen Russland. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte am Donnerstag in Berlin, dass er sich als Vorsitzender der G7-Staaten für eine „einheitliche und klare Reaktion der wirtschaftlich stärksten Demokratien“ einsetzen wolle. Für den Nachmittag ist eine Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs geplant. Zudem kündigte Scholz weitere Sanktionen der EU gegen Russland an. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte, kein Land der Welt könne akzeptieren, dass die Souveränität anderer zur Disposition steht, „wenn sein stärkerer Nachbar es will“.
Beide forderten deutsche Staatsbürger dringend auf, die Ukraine zu verlassen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) trifft gemeinsam mit den Bundesländern unterdessen Vorbereitungen für eine mögliche Fluchtbewegung aus der Ukraine in die EU. Zudem soll der Bundestag am Sonntag zu einer Sondersitzung zusammenkommen, in der Scholz eine Regierungserklärung abgeben will.
Scholz sagte, Ziel der Sanktionen sei es, der russischen Führung klarzumachen: „Für diese Aggression zahlt sie einen bitteren Preis“. Der russische Präsident Wladimir Putin breche „eklatant das Völkerrecht“ und bringe Leid und Zerstörung über seine direkten Nachbarn. Der Kreml-Führer gefährde das Leben von unzähligen Unschuldigen in der Ukraine, „dem Brudervolk Russlands“. Er stelle damit auch die Friedensordnung des Kontinents in Frage, wofür es keine Rechtfertigung gebe. „Das ist Putins Krieg“, betonte Scholz.
Baerbock kündigte mit Verweis auf die im weiteren Laufe des Tages anberaumten Beratungen von EU, G7 und Nato ein „volles Paket massivster Sanktionen“ an. Dieser Krieg solle vor allem die Hoffnung der Menschen in der Ukraine zerstören, „dass sie nach Jahrzehnten der Unfreiheit ein Recht auf Demokratie, ein Recht auf Frieden und auf eine bessere Zukunft ohne Unterdrückung haben“. An Putin gerichtet, sagte sie: „Diesen Traum werden Sie niemals zerstören können.“
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) beriet sich am Morgen mit den Innenministerinnen und Innenministern der Bundesländer. Hinsichtlich möglicher Auswirkungen des Krieges auf die Sicherheitslage in Deutschland und auf Fluchtbewegungen in Europa sei man „aufmerksam, wachsam und vorbereitet“, erklärte sie. Den betroffenen Staaten, vor allem Polen, sicherte sie Unterstützung zu. Die Koordinations- und Unterstützungsmechanismen der EU insbesondere für humanitäre Hilfe seien bereits angelaufen.
Hilfsorganisationen riefen zu Spenden für die vom Konflikt zwischen Russland und der Ukraine betroffene Bevölkerung auf. „Den Preis für diesen Krieg werden die Menschen zahlen, die vollkommen unverschuldet ihre Sicherheit und ihr Zuhause verlieren werden“, erklärte die Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe, Dagmar Pruin.
UN-Generalsekretär António Guterres erklärte nach einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates zu der Ukraine-Krise am Mittwochabend (Ortszeit) in New York, ein Krieg in Europa drohe zum schlimmsten Konflikt des Jahrhunderts zu werden. Er sprach vom traurigsten Tag seiner mehr als fünf Jahre dauernden Amtszeit als UN-Generalsekretär. Im UN-Sicherheitsrat hat Russland als ständiges Mitglied ein Veto-Recht. Deshalb sind verbindliche Beschlüsse aus dem Gremium nicht zu erwarten.