Kretschmann und Dreyer für Lockerungsdebatte ohne schnelle Lockerung

Kretschmann und Dreyer für Lockerungsdebatte ohne schnelle Lockerung
Winfried Kretschmann und Malu Dreyer wollen über Lockerungen der Corona-Maßnahmen debattieren, aber zunächst die Spitze der Omikron-Welle abwarten, bevor Einschränkungen fallen. Deutsche Firmen rechnen wegen Personalausfällen mit harten Wochen.

Frankfurt a.M. (epd). Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) äußern sich zurückhaltend zu möglichen Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen. Zunächst müsse der für Mitte Februar erwartete „Peak der Omikron-Welle“ abgewartet werden, sagte Dreyer. Kretschmann sagte, Lockerungen würden selbstverständlich kommen, wenn die Belastung des Gesundheitswesens diese zulasse. Eine Exit-Strategie zum Ausstieg aus allen Maßnahmen könne er sich aber vor Ostern überhaupt nicht vorstellen.

Im Deutschlandfunk sagte Kretschmann, Ostern bei besserem Wetter und in den Schulferien, „da steht das vielleicht an“. Aber jetzt gehe es darum, auf Grundlage wissenschaftlicher Fakten Entscheidungen zu treffen, die sich insbesondere an der Belastung der Intensivstationen orientieren.

Dreyer will bei der nächsten Bund-Länder-Runde über Lockerungen der Maßnahmen reden. Spätestens dann müsse es um „kluge Ideen für Erleichterungen“ gehen, sagte sie der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Samstag). Doch erst nach dem Höhepunkt der Omikon-Infektionswelle „können wir besser einschätzen, ob die Krankenhäuser das auf ihren Normal- und Intensivstationen schaffen und wie sehr uns Personalausfall durch Infektion und Quarantäne in der kritischen Infrastruktur und in den Betrieben zusetzen wird“.

Derzeit steigt die Sieben-Tage-Inzidenz weiter, die die Zahl der neuen Infektionen binnen einer Woche pro 100.000 Einwohner angibt. Am Samstagmorgen gab das Robert Koch-Institut (RKI) diese mit 1.388 an, am Tag zuvor hatte die Sieben-Tage-Inzidenz bundesweit 1.349,5 betragen. Den Angaben der Gesundheitsämter zufolge infizierten sich binnen 24 Stunden 217.815 Menschen in Deutschland neu mit dem Coronavirus.172 weitere Menschen starben laut RKI im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöhte sich die Zahl der Corona-Toten in Deutschland seit Pandemiebeginn vor zwei Jahren auf 118.676.

Infolge der Omikron-Welle leidet die Wirtschaft nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) derzeit unter massiven Personalausfällen. In einer branchenübergreifenden Umfrage des DIHK unter 370 Unternehmen habe jeder vierte Betrieb seine aktuellen Ausfälle als „erheblich“ bewertet, berichtet das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Samstag). Weitere vier Prozent stuften ihre personelle Unterbesetzung demnach sogar als „kritisch“ für die Aufrechterhaltung ihrer Angebote ein.

Die größten Personalengpässe melden dem Bericht zufolge Betriebe aus der Gesundheitsversorgung sowie dem Sektor Transport und Logistik. Weniger stark betroffen als der Durchschnitt sehen sich bislang der Einzel- und Großhandel. „Der Februar wird für die Unternehmen eine große Herausforderung“, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.

Trotz der größtenteils nicht so schweren Krankheitsverläufe bei Omikron-Infektionen warnte auch der Münchner Infektiologe Clemens Wendtner vor schnellen Lockerungen bei den Maßnahmen. Man könne zwar über Lockerungen nachdenken, „aber realisieren sollte man sie jetzt noch nicht“, sagte der Chefarzt der München Klinik Schwabing der „Augsburger Allgemeinen“ (Samstag). Immerhin erkrankten statistisch gesehen trotzdem 0,5 Prozent der Neuinfizierten schwer. Das seien dann angesichts der hohen Fallzahlen „doch jeden Tag über 1.000 Betroffene“.