Stichwort: Weltrechtsprinzip

Stichwort: Weltrechtsprinzip

Frankfurt a.M. (epd). Das Weltrechtsprinzip ermöglicht die Strafverfolgung von schweren internationalen Verbrechen, unabhängig davon wo sie begangen wurden. Behörden können unter dem Prinzip Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verfolgen, auch wenn die mutmaßlichen Täter eine andere Staatangehörigkeit besitzen oder die Taten im Ausland begangen wurden. Das Prinzip basiert auf der Auffassung, dass die Verbrechen so schwer sind, dass sie die gesamte Menschheit betreffen und Täter deshalb nirgendwo Zuflucht finden sollen. Ein Land handelt damit nicht nur im eigenen Interesse, sondern im Auftrag der Weltgemeinschaft.

In Deutschland regelt das Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) von 2002 die Strafbarkeit schwerster Verbrechen. Obwohl ein Bezug zu Deutschland nicht zwingend erforderlich ist, wird er von Behörden meist verlangt, um eine Überlastung der Justiz zu verhindern. Meist werden Verfahren in Deutschland unter dem Weltrechtsprinzip eröffnet, wenn sich ein Verdächtiger in der Bundesrepublik aufhält.

Unter diesem Prinzip erfolgte der weltweit erste Prozess um Staatsfolter in Syrien, bei dem am Donnerstag der Hauptangeklagte Anwar R. zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Das Oberlandesgericht in Koblenz befand ihn der Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig. R. hielt sich nach seiner Flucht aus Syrien in Deutschland auf.

Weltweit wurden im Jahr 2020 nach Angaben der Menschenrechtsorganisation „Trial International“ 30 Prozesse in 18 verschiedenen Ländern geführt. Dabei kam es zu 20 Verurteilungen unter dem Weltrechtsprinzip und zu zwei Freisprüchen.

Kritik am Weltrechtsprinzip entzündet sich unter anderem an den hohen Kosten eines Verfahrens und dem großen Abstand zwischen den Opfern und dem Ort der Prozesse, die hauptsächlich in europäischen Ländern stattfinden. Staaten können jedoch Verfahren auch an die Behörden in einem anderen Land oder an ein internationales Gericht oder Tribunal übertragen. Im Völkerrecht hat das Weltrechtsprinzip seine Grundlage unter anderem in den Genfer Konventionen und der UN-Antifolterkonvention.