Myanmar: Aung San Suu Kyi zu weiteren vier Jahren Haft verurteilt

Myanmar: Aung San Suu Kyi zu weiteren vier Jahren Haft verurteilt
Unter dem Militärregime von Myanmar ist die gestürzte De-Facto-Regierungschefin Suu Kyi zu einer weiteren Haftstrafe verurteilt worden. Menschenrechtler fürchten, dass Suu Kyi auf unbegrenzte Zeit hinter Gittern bleiben soll.

Frankfurt a.M., Naypyidaw (epd). Ein Sondergericht in Myanmar hat die gestürzte De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi zu weiteren vier Jahren Haft verurteilt. Demnach wurde Suu Kyi wegen des illegalen Imports und Besitzes von Funkgeräten sowie eines Verstoßes gegen Corona-Auflagen für schuldig befunden, wie das Nachrichtenportal „Irrawaddy“ am Montag berichtete. Es war das zweite Urteil gegen die Friedensnobelpreisträgerin binnen weniger Wochen. Menschenrechtler kritisieren die Vorwürfe und Gerichtsprozesse als politisch motiviert und fordern die Freilassung Suu Kyis.

Bereits Anfang Dezember war die 76-Jährige wegen Verstößen gegen Corona-Vorschriften sowie „Anstiftung zum Aufruhr“ zunächst zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Wenig später hatte Juntachef Min Aung Hlaing das Strafmaß halbiert. Die Verfahren fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Der Vize-Asienchef von Human Rights Watch, Phil Robertson, sprach von „fadenscheinigen Anklagen vor einem Scheingericht“. Der Militärjunta gehe es darum, immer mehr Verurteilungen gegen die vor einem Jahr gestürzte Suu Kyi anzuhäufen, damit sie auf unbestimmte Zeit weggesperrt bleibe: „Offensichtlich betrachten die Machthaber Suu Kyi immer noch als größte politische Bedrohung, die dauerhaft neutralisiert werden muss.“

In weiteren Verfahren muss sich Suu Kyi auch noch wegen Korruption und Verrats von Staatsgeheimnissen verantworten. Des weiteren wirft ihr das Militärregime Wahlfälschung vor. Wird sie aufgrund dieser Anschuldigungen ebenfalls für schuldig befunden, drohen ihr insgesamt mindestens 100 Jahre Haft. In den vergangenen Wochen waren Dutzende Mitglieder ihrer Partei „Nationale Liga für Demokratie“ (NLD) zu teils langen Gefängnisstrafen verurteilt worden.

Zusammen mit dem ebenfalls gestürzten Präsidenten Win Myint war Suu Kyi wenige Stunden nach dem Putsch vom 1. Februar vergangenen Jahres verhaftet worden. Die Armee hatte den Umsturz mit Wahlbetrug begründet, ohne Beweise vorzulegen. Suu Kyis NLD hatte zuvor die Abstimmung vom November 2020 klar gewonnen, die Partei der Militärs war unterlegen.

Bei vielen ihrer 54 Millionen Landsleute galt Suu Kyi als äußerst populär, wie die NLD-Wahlerfolge 2015 und 2020 zeigten. International wurde Suu Kyi allerdings zunehmend kritisiert. Den Völkermord an den muslimischen Rohingya duldete sie nicht nur, sondern verteidigte die Verbrechen des Militärs sogar öffentlich.

Vor Suu Kyis Amtsantritt war das frühere Birma fast 50 Jahre lang von wechselnden Militärs beherrscht worden. Seit dem Putsch vor fast einem Jahr versinkt das südostasiatische Land nun zunehmend im Chaos. Laut der Hilfsorganisation für politische Gefangene AAPP wurden mindestens 1.447 Menschen bei Protesten gegen den Putsch getötet und etwa 11.400 Personen verhaftet. Zugleich mehren sich die Angriffe lokaler Widerstandsgruppen gegen die Truppen des Regimes. Die Junta rächt sich, indem sie immer neue Massaker an Zivilisten verübt oder ganze Landstriche bombardieren lässt.