Studie: Gute Noten für Deutschlands Krisenmanagement

Studie: Gute Noten für Deutschlands Krisenmanagement
Stabile Demokratien kommen besser durch Corona-Krise
Stabile demokratische Staaten sind einem internationalen Ländervergleich zufolge besser durch die Pandemie gekommen als Länder mit Demokratiedefiziten. Deutschland schneidet im Vergleich gut ab, hat aber auch Defizite.

Gütersloh (epd). Deutschland schneidet laut einem internationalen Vergleich insgesamt gut beim Krisenmanagement in der Corona-Pandemie ab. Die Bundesrepublik belegt den fünften Platz im Vergleich von knapp 30 Ländern, wie die Bertelsmann Stiftung am Freitag in Gütersloh bei der Vorstellung der Studie „Sustainable Governance Indicators 2021“ erklärte. Auch dank der vergleichsweise großen Krisenfestigkeit seiner Wirtschaftspolitik (Rang 1) und seiner sozialen Sicherungssysteme (Rang 5) sei Deutschland fest in der Spitzengruppe der Industriestaaten etabliert. In den Bereichen Digitalisierung und Krisenvorsorge sieht der Ländervergleich jedoch Defizite.

Dank zuletzt sehr positiver Beschäftigungsbilanz, gut ausgebauten Kurzarbeiterregelungen, soliden Staatsfinanzen und seines starken Gesundheitssystems sei Deutschland unter deutlich günstigeren Vorzeichen in die Pandemie gestartet als viele andere Staaten, hieß es. Positiv habe sich zudem eine vergleichsweise starke Kompromissfähigkeit aller zentralen demokratischen Akteure und die enge wissenschaftliche Begleitung ausgewirkt. Zudem habe Deutschland wie Schweden Hilfsprogramme auch an Umwelt- und Nachhaltigkeitszielen ausgerichtet. Im weiteren Prozess habe es dann allerdings an einer koordinierten Vorgehensweise gefehlt.

Erschwert worden sei die Bewältigung der Krise jedoch durch eine schleppende digitale Transformation in Deutschlands öffentlichem Sektor. Bei der Krisenanfälligkeit des Schulsystems belegt Deutschland dem Ländervergleich zufolge lediglich den 15. Platz. „Im Bildungsbereich muss es jetzt darum gehen, den Schaden zu begrenzen, den die Schulschließungen für die Chancen insbesondere von Kindern aus sozial benachteiligten Familien angerichtet haben“, erklärte Studienautor Thorsten Hellmann.

Stabile Demokratien schneiden laut Studie besser in der Corona-Krise ab als Staaten mit Demokratiedefiziten. Neuseeland, Schweden, die Schweiz und Deutschland liegen im Ranking der widerstandsfähigen Demokratien auf den vorderen Plätzen. Schlusslichter sind Polen, Ungarn und die Türkei. Dort nutzten Regierungen die Pandemie, um Bürgerrechte auf Dauer einzuschränken, hieß es in der Studie.

Stabile Demokratien profitierten von einer vorausschauenden und teilhabeorientierten politischen Steuerung, erklärte die Bertelsmann Stiftung. Bei Staaten, in denen demokratische Werte wie die Freiheit der Medien, die Bürgerrechte und die Unabhängigkeit der Justiz schon vor der Krise gefährdet gewesen seien, gebe es weitere Rückschritte.

In der Corona-Sondererhebung der „Sustainable Governance Indicators 2021“ wurden den Angaben zufolge 29 Staaten der OECD und EU anhand von 94 Indikatoren bewertet und verglichen. Die Beurteilung erfolgte durch mehr als 70 internationale Experten, die jeweils detaillierte Länderberichte für einen Staat erstellen. Schwerpunkte seien dabei die Bewertung der Krisenanfälligkeit und -reaktion in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, der Robustheit zentraler demokratischer Institutionen sowie der Krisenvorsorge und Krisenreaktion der Exekutive.