Kretschmer kündigt hartes Vorgehen gegen verbotene Demonstrationen an

Kretschmer kündigt hartes Vorgehen gegen verbotene Demonstrationen an
"Angriff auf die Demokratie", "Bedrohung" und "Grenzüberschreitung": Das Entsetzen über die Radikalisierung der Corona-Proteste in Sachsen reißt nicht ab. Bürger der Stadt Freiberg wenden sich gegen Rechtsextreme und Corona-Leugner.

Frankfurt a.M. (epd). Empörung über radikalen Protest: Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die scheidende Bundesregierung haben den Fackelaufmarsch mutmaßlicher Rechtsextremer vor dem Privathaus von Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) scharf verurteilt. Das sei eindeutig eine Grenzüberschreitung und ein Versuch der Einschüchterung, sagte Kretschmer am Montag im sächsischen Landtag in Dresden. „Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen, und das lassen wir uns nicht gefallen“, sagte er und sicherte Köpping „einhundertprozentige Solidarität“ zu.

Rund 30 mutmaßlich rechtsextreme Gegner der Corona-Schutzmaßnahmen waren am Freitagabend mit Fackeln vor dem Privathaus von Sachsens Gesundheitsministerin Köpping in der Nähe von Grimma aufmarschiert. Bei Eintreffen der Polizei flüchteten die Teilnehmenden.

Der designierte Bundeskanzler Scholz forderte die Gesellschaft dazu auf, Droh-Szenarien von Gegnern der Corona-Regeln entschieden entgegenzutreten. „Das dürfen wir uns als Land nicht gefallen lassen“, sagte Scholz am Montag in Berlin. Es sei das „Geschäft“ von Demokratinnen und Demokraten, solche Taten wie den Protest vor Köppings Haus zurückzuweisen. „Das ist als Bedrohung gemeint, und wir sollten nicht so tun, als ob es nicht auch genau das gewesen ist“, sagte Scholz, der am Montag die Ministerinnen und Minister der SPD für das künftige Kabinett vorstellte. Am Mittwoch soll Scholz vom Bundestag zum neuen Kanzler gewählt werden.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin: „Was da geschehen ist, ist zutiefst empörend.“ Das sei nicht nur ein Angriff auf die Privatsphäre, „das ist auch ein Angriff auf die Demokratie“. Die Demonstranten wollten Angst machen. Darum könne es in einer demokratischen Auseinandersetzung nicht gehen.

Die Polizei hatte nach dem Aufzug in Grimma einen Teil der Beteiligten gestellt und 15 Fahrzeuge gestoppt. Insgesamt 25 Identitäten seien festgestellt worden, hieß es. Auch Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) verurteilte den Fackelaufzug scharf. Kretschmer kündigte in seiner Rede im Landtag ein hartes Vorgehen gegen verbotene Corona-Demonstrationen an.

Für Montagabend wurden in mehreren sächsischen Städten weitere Corona-Proteste erwartet, darunter in Bautzen und im Landkreis Görlitz. Sachsen hat derzeit mit 1.234,4 die höchste Sieben-Tage-Inzidenz im Bundesgebiet. Die bereits für den Mittag erwartete massiven Proteste von Corona-Gegnern vor dem sächsischen Landtag blieben zunächst aus. Die Polizei war vor Ort präsent und hatte auch Wasserwerfer aufgefahren.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil übte Kritik am Umgang der sächsischen Behörden mit den Protesten von Gegnern der Corona-Maßnahmen. „Ich glaube, dass in Sachsen von den zuständigen Stellen zu lange weggeguckt wurde, dass Dinge ermöglicht wurden, dass Dinge laufengelassen wurden“, sagte Klingbeil im TV-Sender Phoenix. Das sei eine „Politik der Duldung“.

Der Rechtsstaat müsse aber anders vorgehen, und das sei „auch das, was ich vom dortigen Innenminister erwarte“, sagte Klingbeil. Der sächsische Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt bezeichnete Innenminister Woeller als einen „Totalausfall“.

Unterdessen übten mehr als 600 Bürgerinnen und Bürger aus dem sächsischen Freiberg Kritik an den anhaltenden Protesten gegen die Corona-Maßnahmen. „Mit Unverständnis, Sorge und immer größerem Zorn beobachten wir die montäglichen 'Corona-Spaziergänge' durch Freiberg“, heißt es in einem Offenen Brief der Initiative „Freiberg für alle“. Die Stadt dürfe nicht zum „Abenteuerspielplatz der Rechtsextremen und Corona-Leugner werden“.