Chile wählt einen neuen Präsidenten

Chile wählt einen neuen Präsidenten

Berlin, Santiago (epd). Die Präsidentschaftswahlen in Chile werden aller Voraussicht nach eine Abstimmung zwischen linker und rechtsnationalistischer Politik sein. Als Favoriten für die erste Wahlrunde am Sonntag gelten Umfragen zufolge Gabriel Boric vom Linksbündnis Apruebo Dignidad und José Antonio Kast vom rechtsnationalistischen Bündnis Frente Social Cristiano. Aller Voraussicht nach wird keiner der beiden Kandidaten über 50 Prozent der Stimmen kommen, so dass am 19. Dezember eine Stichwahl stattfinden wird. Der konservative Amtsinhaber Sebastián Piñera konnte sich nicht noch einmal zur Wahl stellen.

Etwa 14 Millionen Chileninnen und Chilenen sind zudem aufgerufen, 27 Senatorinnen und Senatoren zu bestimmen sowie alle 155 Mitglieder der Abgeordnetenkammer. Die Amtszeit der neu Gewählten beginnt im März.

Die Popularitätswerte von Staatschef Piñera sind auf ein Rekordtief gesunken, was sich auf den Kandidaten der Regierungskoalition, Sebastián Sichel, auswirkt. Er liegt in den Umfragen abgeschlagen auf Platz vier. Besonders sorgten in Chile Geschäftsverwicklungen Piñeras für Empörung, die durch die sogenannten „Pandora Papers“ publik wurden. Demnach hat er einem Geschäftsfreund über Offshore-Gesellschaften eine Eisen- und Kupfermine verkauft - allerdings unter der Auflage, dass rund um die Mine kein Naturschutzgebiet entstehen soll, was Umweltaktivisten gefordert hatten. Die Opposition leitete nach Bekanntwerden ein Amtsenthebungsverfahren ein.

Die Regierungszeit von Piñeras war von sozialen Unruhen geprägt, die 2018 mit einer Erhöhung der Preise für den öffentlichen Nahverkehr begannen und sich zu einer Massenbewegung für mehr soziale Gerechtigkeit entwickelten. Piñera versperrte sich vielen Reformen und ließ die Proteste teils mit brutaler Polizeigewalt beenden. Die Demonstrationen erzwangen jedoch eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung, in der sich eine überwältigende Mehrheit für ein neues Grundgesetz aussprach. Bei der Wahl der Verfassungsgebenden Versammlung erzielten vor allem linke und unabhängige Kandidatinnen und Kandidaten Erfolge. Die aktuelle Verfassung stammt noch aus Zeiten der Diktatur von General Augusto Pinochet (1973 bis 1990).