Steinmeier und Seehofer rufen zum Kampf gegen Hass und Gewalt auf

Steinmeier und Seehofer rufen zum Kampf gegen Hass und Gewalt auf
Die traditionelle Herbsttagung des Bundeskriminalamts stand im Schatten der Corona-Pandemie. Horst Seehofer nutzte sie für eine Abschiedsrede

Wiesbaden (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der scheidende Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) haben zum entschlossenen Kampf gegen Hass und Gewalt sowie zunehmende politisch motivierte Straftaten aufgerufen. In seiner Videobotschaft an die Herbsttagung des Bundeskriminalamts (BKA) in Wiesbaden sagte Steinmeier, der Rechtsstaat sei nicht mehr nur mit Worten, sondern mit „entsetzlichen Taten“ angegriffen worden. Rechtsextreme Terrorakte wie der Mord an Walter Lübcke und die Anschläge von Hanau und Halle „haben uns ins Herz getroffen“. Deshalb müssten alle wachsam sein und ihre Stimme erheben gegen ein Klima der Spaltung. Verschwörungstheorien sowie Hass und Hetze gegen Impfärzte „dürfen wir nicht dulden“, fügte das Staatsoberhaupt hinzu.

Wegen der hohen Corona-Infektionszahlen wurde die traditionelle Herbsttagung des BKA in diesem Jahr erstmals digital abgehalten. Nur die Referenten waren größtenteils vor Ort im Wiesbadener RheinMain-CongressCenter. Seehofer war aber aus Berlin zugeschaltet. Er nutzte seinen letzten großen Auftritt als Ressortchef für einen Appell zu weiterem tatkräftigen Handeln.

Seehofer wies darauf hin, dass die Zahl der politisch motivierten Straftaten im vergangenen Jahr einen absoluten Höchststand erreicht hat und in diesem Jahr noch weiter gestiegen ist. Die Verrohung der Sprache vor allem im Internet sei Treiber einer dynamischen Radikalisierung. Zunehmend werde auch die Corona-Pandemie für Spaltung und Polarisierung genutzt. Morddrohungen gegen impfende Ärzte seien „unerträglich“. Ein entschiedenes Vorgehen erfordere auch die zunehmende Gewalt gegen Polizisten und Amtsträger, die immer häufiger bespuckt, beleidigt und angegriffen würden.

Seehofer sprach von 85.000 Menschen, die in Ausübung ihres Diensts zu Opfern von Gewalt wurden. Darunter seien oft Kommunalpolitiker, die sich ehrenamtlich für das Gemeinwesen einsetzten und in der Regel keinen Polizeischutz hätten. „Wir werden alles tun, um gegen die Täter vorzugehen. Das muss und wird uns gelingen“, rief der scheidenden Minister aus. Er forderte zugleich die sich bildende neue Koalition auf, die Instrumente der Sicherheitsbehörden zu schärfen. Dazu gehöre auch die Vorratsdatenspeicherung, ohne die nicht nur der Cyberkriminalität kaum wirksam zu begegnen sei. Eindringlich warnte Seehofer davor, Cybersicherheit künftig in einem anderen Ministerium als die allgemeine innere Sicherheit anzusiedeln.

Handlungsbedarf sieht Seehofer auch, weil es sich bei Messerattacken häufig um psychisch belastete und für schuldunfähig erklärte Einzeltäter handele. Hier sei ein engerer Austausch zwischen Gesundheits- und Sicherheitsbehörden erforderlich.

Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, wies darauf hin, dass seine Behörde in den 70 Jahren ihres Bestehens von 230 auf rund 8.000 Beschäftigte gewachsen ist. Eine wehrhafte Demokratie müsse die Instrumente schärfen, um sich zu schützen. Er berichtete von Plänen, für eine zentrale Plattform zur Kriminalitätsbekämpfung, auf die ein Streifenbeamter ebenso Zugriff habe wie eine Ermittlerin gegen Cyberkriminalität. Von den fast 45.000 politisch motivierten Straftaten des vergangenen Jahres gehe mehr als die Hälfte auf das Konto Rechter. Auch Münch beklagte vor allem die Zunahme von Hasskriminalität, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt gegen Amtsträger.