Wassermangel verschlimmert Versorgungskrise in Syrien und im Irak

Wassermangel verschlimmert Versorgungskrise in Syrien und im Irak
Dürre, Folgen von bewaffneter Gewalt und Corona-Krise: In Syrien und Irak spielt sich eine weitgehend unbeachtete humanitäre Tragödie ab, klagt die Hilfsorganisation Care. Ohne dauerhafte Lösungen bedrohe Instabilität die gesamte Region.

Berlin (epd). Wassermangel bedroht laut der Hilfsorganisation Care das Überleben von zwölf Millionen Menschen in Syrien und im Irak. Sie verfügten nicht über ausreichend sauberes Trinkwasser, Lebensmittel und Strom, erklärte Care Deutschland am Mittwoch in Berlin. Es fehle an Wasser für privaten Konsum und landwirtschaftliche Produktion. Betroffen sei auch die größtenteils auf Wasserkraft basierende Stromproduktion.

In Syrien leiden demnach rund fünf Millionen Menschen an Wassermangel. Zwei Staudämme stünden wegen Trockenheit vor der Schließung, berichtete Care. Viele Menschen litten infolge des Mangels an sauberem Wasser vermehrt an Durchfallerkrankungen und Cholera. Ganze Dörfer würden wegen der Dürre verlassen. In Flüchtlingslagern gebe es bereits Wartelisten für Binnenflüchtlinge, die wegen des Lebensmittelmangels dorthin zurückkehrten.

Die Folgen des Wassermangels wirken sich nach Angaben der Care-Länderdirektorin in Syrien, Jolien Veldwijk, vor allem auf Frauen und Mädchen aus. Sie stellten 70 Prozent der in der Landwirtschaft Beschäftigten. Ferner verbrächten sie Stunden oder Tage damit, für Wasser anzustehen. Als Reaktion auf den Nahrungsmangel verheirateten viele Familien ihre Töchter bereits im Kindesalter.

Syrien stehe vor der zweiten Fehlernte innerhalb eines Jahres, warnte Veldwijk. Der Euphrat führe siebzig Prozent weniger Wasser als im vergangenen Jahr, der Tigris 50 Prozent weniger. „Bereits jetzt sterben Menschen“, sagte sie mit Blick auf den Mangel an Lebensmitteln. Mitunter müsse entschieden werden, „ob wir denjenigen helfen, die sterben oder denjenigen, die noch eine Chance haben“. Die Versorgung komme mehrheitlich den Frauen zu, da viele Männer dem anhaltenden Krieg zum Opfer gefallen seien. Überdies herrsche derzeit in Syrien die schwerste Dürre seit 900 Jahren.

Im Irak bedroht der Wassermangel laut Care rund sieben Millionen Menschen. Allein in der Provinz Ninive werde die landwirtschaftliche Produktion voraussichtlich um 70 Prozent zurückgehen. Zahlreiche Landwirte verkauften ihr Vieh und zögen nach Bagdad oder kehrten in Flüchtlingslager zurück, beklagte die Care-Länderdirektorin im Irak, Wendy Barron. Das Land stehe wegen der Dürre vor der zweiten Fehlernte des Jahres.

In Flüchtlingscamps gelingt es laut Barron vielfach nicht mehr, auch mit tieferen Brunnenbohrungen an Wasser zu gelangen. Sie forderte Langzeitlösungen, die die gesamte Region mit einbeziehen. „Die Geberländer müssen begreifen, dass Projekte mit einem Jahr Laufzeit nicht ausreichen“, sagte Barron. Derzeit werden nach Care-Angaben die Mittel zugunsten der beiden Länder gekürzt. Dabei drohe die Instabilität sich auf die gesamte Region auszuweiten.

Die Versorgungskrise wird demnach durch die Corona-Pandemie noch verschlimmert. Die offiziellen Zahlen spiegeln nicht die Realität, warnte Barron weiter. Das Gesundheitssystem sei inexistent, es mangle an Ärzten, Masken und Testkapazitäten. Krankenhäuser verfügten vielfach nur zwei Stunden am Tag über Strom.