Forscher: AfD-Selbstdarstellung als Protestpartei gescheitert

Forscher: AfD-Selbstdarstellung als Protestpartei gescheitert
27.09.2021
epd
epd-Gespräch: Holger Spierig

Bielefeld (epd). Die AfD hat nach Einschätzung des Extremismusforschers Andreas Zick an Anziehungskraft sowohl in der gesellschaftlichen Mitte als auch am rechten Rand verloren. Das Abschneiden bei der Bundestagswahl am Sonntag zeige, dass sie kaum Kapital aus ihrer Oppositionshaltung schlagen könne, sagte Zick am Montag in Bielefeld dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Ihr Versuch der Häutung und Selbstdarstellung als rechte konservative Kraft jenseits der CDU/CSU hat nicht funktioniert, weil die Partei es offensichtlich auch nicht kann und ist.“

Die AfD habe versucht, die Anhänger und Sympathisanten der Corona-Proteste und „Querdenker“ an sich zu binden, erklärte Zick. Ihre Selbstinszenierung sei gewesen: „Wir sind die einzige Opposition und Widerstandskraft, die die Stimme des Volkes auf der Straße vertritt.“ Das „Fischen in der heterogenen Corona-Protestgemeinde“ habe für die Partei jedoch nicht ausgereicht. Auch die Menschen in der Mitte, die durchaus Widerstandsideen teilten, habe sie nicht binden können. Die rechtspopulistische Partei habe zudem nicht damit gerechnet, dass die „Querdenker“-Bewegung mit „Die Basis“ eine eigene parlamentarische Gruppe ins Rennen schicken würde.

In Sachsen und Thüringen sei die AfD gemessen an der Bundestagswahl indes die stärkste politische Kraft. „Die AfD wird zur Ostpartei und bindet dort Ältere, die die größte Wählergruppe sind“, sagte Zick. Alle anderen Parteien müssten darauf Antwort geben, „wie mit einem solch stabilen parlamentarischen Rechtspopulismus, der etablierte Normen und Werte dauerhaft infrage stellt und zugleich 'Normalität' behauptet, umzugehen ist“. Ignorieren und Dämonisieren seien kein Präventionsprogramm.

Dem vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl zufolge ist die SPD stärkste Kraft im neu gewählten Bundestag, knapp vor den Unionsparteien. Die AfD bekam weniger Stimmen als die Grünen und die FDP, ihr Anteil sank auf 10,3 Prozent im Vergleich zu 12,6 Prozent vor vier Jahren.