Abgeordnete sehen Mitschuld der AfD an "Querdenker"-Radikalisierung

Abgeordnete sehen Mitschuld der AfD an "Querdenker"-Radikalisierung
Nach dem Mord an einem Studenten in Idar-Oberstein sehen mehrere Bundestagsabgeordneten eine Mitschuld bei der AfD. Mit gezielten Provokationen und wirren Vorwürfen habe die rechte Partei zur Radikalisierung der "Querdenker"-Szene beigetragen.

Berlin (epd). Mehrere Bundestagsabgeordnete machen die AfD mitverantwortlich für die Radikalisierung der sogenannten „Querdenker“-Szene. Nach dem Mord an einem 20-jährigen Studenten und Tankstellen-Mitarbeiter in Idar-Oberstein kritisierten die Innenexperten die rechte Partei scharf. Die AfD sei „der oberste Agent der politischen Radikalisierung in Deutschland“, sagte der FDP-Abgeordnete Konstantin Kuhle dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Donnerstag). Auch aus Union und SPD wurden schwere Vorwürfe erhoben. Die AfD weist jegliche Verantwortung weit von sich.

Kuhle sagte, schon der Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke habe für die AfD Plakate aufgehängt und der Partei Geld gespendet. Der Täter aus Idar-Oberstein habe die AfD in sozialen Medien unterstützt. „Indem Rechtsextremisten während der Corona-Pandemie ihre wirren Diktatur-Vorwürfe verbreiteten, tragen sie eine Mitverantwortung für die Radikalisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen, zu denen auch der Täter aus Idar-Oberstein gehört“, betonte er.

Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ute Vogt, sagte den Zeitungen, die AfD habe seit ihrem Einzug in den Bundestag erheblich dazu beigetragen, dass Hass und Hetze auf den Straßen und in sozialen Medien enorm angestiegen seien. Die Partei habe schnell das Potenzial erkannt und die „Querdenker“-Szene für sich genutzt.

CDU-Parlamentarier Mathias Middelberg erklärte, die Gründe für die „entsetzliche Tat“ von Idar-Oberstein allein bei der AfD zu suchen, sei zu einfach. Aber die Partei trage natürlich „mit ihren gezielten Provokationen zu einer immer stärkeren Polarisierung unserer Gesellschaft bei“. Das führe auch zu sinkenden Hemmschwellen. Es müsse jetzt genau untersucht werden, was den Täter zu der Tat getrieben habe.

Sollten sich Verbindungen zur „Querdenker“-Szene ergeben, müsse gegebenenfalls die Beobachtung der Bewegung verschärft werden, fügte er hinzu. Jedem müsse klar sein: „Dem Kern der sogenannten Querdenker geht es längst nicht mehr um die Corona-Maßnahmen, sondern um die Bekämpfung unseres demokratischen Rechtsstaats. Damit wird eine rote Linie deutlich überschritten.“

AfD-Chef Jörg Meuthen nannte die Vorwürfe im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio „absurd“ und „erkennbar konstruiert“. Er sagte, bei dem Täter handele es sich um einen „durchgeknallten Irren“.

In Idar-Oberstein war am Wochenende ein 20-jähriger Tankstellen-Mitarbeiter mutmaßlich von einem Maskenverweigerer mit einem Revolver getötet worden. Der 49-jährige Tatverdächtige wollte ohne den in der Pandemie vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz Bier kaufen. Darüber gab es laut Polizei zwischen ihm und dem späteren Opfer „eine kurze Diskussion“. Danach verließ der 49-Jährige den Angaben zufolge die Tankstelle, kam aber etwa eineinhalb Stunden später zurück und erschoss den Studenten. In seiner Vernehmung gab er laut Polizei an, er lehne die Anti-Corona-Maßnahmen ab. Die Tat löste bundesweit Entsetzen aus.