Menschenrechtler: Abgeschobene Afghanen von Taliban bedroht

Menschenrechtler: Abgeschobene Afghanen von Taliban bedroht
04.09.2021
epd
epd-Gespräch: Moritz Elliesen (epd)

Frankfurt a.M., Kassel (epd). Der afghanische Menschenrechtler Abdul Ghafoor warnt vor der Gefahr für abgeschobene und freiwillig zurückgekehrte Afghanen nach der Machtübernahme der Taliban. „Die Taliban sehen die Rückkehrer als Verräter und Ungläubige“, sagte der Direktor der afghanischen Menschenrechtsorganisation Amaso dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Sie sagen, wer in einem nicht-muslimischen Land gelebt hat, könnte seine Religion und seinen Lebensstil geändert haben.“ Nicht nur Afghanen, die vor kurzem abgeschoben wurden, sondern auch Menschen, deren Rückführung schon länger zurückliegt, seien gefährdet.

Der 35-Jährige, der Mitte August von der Bundeswehr außer Landes gebracht wurde, kritisierte, dass nach Afghanistan zurückgekehrte oder abgeschobene Migranten bei den Evakuierungen nicht berücksichtigt worden seien. „Ich kriege viele E-Mails von Rückkehrern. Ich habe aber keine Lösung für sie“, sagte Ghafoor, dessen Organisation sich in Afghanistan um zurückgekehrte Migranten kümmert.

In diesem Jahr wurden nach Angaben des Innenministeriums 167 Afghanen abgeschoben. Die Rückführungen wurden eine Woche vor der Eroberung Kabuls durch die Taliban ausgesetzt. Die inzwischen gestürzte afghanische Regierung hatte deutlich früher um einen Abschiebestopp gebeten.

Für schutzbedürftige Menschen, die nicht evakuiert wurden, hat Ghafoor nur noch wenig Hoffnung. Es gebe kaum noch Wege aus dem Land, sagte er. Zwar könnten die Nachbarländer theoretisch auf dem Landweg erreicht werden, aber man könne jederzeit von den Taliban gestoppt werden. Zudem würden nicht alle Menschen nach Pakistan, Iran oder Usbekistan durchgelassen. Die Evakuierungsoperation westlicher Staaten endete am 30. August, nachdem die letzten US-Soldaten das Land verlassen hatten.

Seine eigene Evakuierung bezeichnete der Menschenrechtler als furchtbar. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich meine Heimat verlassen musste. Ich war dafür nicht bereit.“ Aber unter den Taliban habe er auf keinen Fall bleiben könne. „Das wäre für mich und meine Kollegen zu gefährlich.“

Den umfassenden Sicherheitsgarantien der radikal-islamischen Gruppe glaubt er nicht: „Was sie der Welt und den Medien erzählen, stimmt nicht mit dem überein, was sie machen.“ Er kenne viele Menschen, die untergetaucht seien, weil die Taliban jeden Tag ihre Wohnungen durchsuchten. „Es gibt keine Amnestie, niemand ist sicher unter den Taliban.“