Nur eingeschränkter Zugriff des Sozialamtes auf Lebensversicherung

Nur eingeschränkter Zugriff des Sozialamtes auf Lebensversicherung

Kassel (epd). Schließen Sozialhilfebezieher den Verkauf ihrer erst in Jahren fälligen privaten Lebensversicherung vertraglich aus, darf das Sozialamt dies bei der Bewilligung von Sozialhilfe berücksichtigen. Nur wenn eine private Rentenversicherung innerhalb von zwölf Monaten verwertet werden kann, darf der Sozialhilfeträger die Leistungen als Darlehen statt als Zuschuss gewähren, urteilte am Donnerstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. (AZ: B 8 SO 4/20 R und weitere)

Im Streitfall ging es um einen unter Betreuung stehenden psychisch kranken Mann aus Dresden. Der studierte Gemälderestaurator hatte wegen seiner Schizophrenie nie gearbeitet. Bis Ende Januar 2011 erhielt er Arbeitslosengeld II. Danach bezog er eine befristete volle Erwerbsminderungsrente und aufstockende Sozialhilfeleistungen.

Die Stadt Dresden zahlte die „Hilfe zum Lebensunterhalt“ jedoch nur als Darlehen. Der Mann verfüge über eine private Lebensversicherung. Auch wenn er mit dem Versicherer einen Verwertungsausschluss vereinbart hatte, könne die Sozialhilfe als Darlehen gezahlt werden. Der Versicherungsvertrag sah allerdings eine Auszahlung in Höhe von gut 18.000 Euro erst ab 2025 vor. Vor Gericht verlangte der Kläger, dass die Stadt ihm Sozialhilfe als Zuschuss und nicht als Darlehen gewährt, das er später zurückzahlen muss.

Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) hielt das Vorgehen der Stadt für rechtmäßig. Werde eine private Rentenversicherung innerhalb von 15 Jahren fällig, könne Sozialhilfe darlehensweise gewährt werden.

Dem widersprach jedoch das BSG. Sozialhilfebezieher müssten zwar erst einmal selbst ihr Vermögen für den Lebensunterhalt einsetzen. Dies müsse aber innerhalb einer angemessenen Zeit auch verwertbar sein. Dabei würden in der Regel maximal zwölf Kalendermonate als angemessen gelten. Bei einem längeren Zeitraum müsse Sozialhilfe aber als Zuschuss gezahlt werden. Den konkreten Streit verwies das BSG wegen fehlender Feststellungen an die Vorinstanz zurück.