Tote bei Explosion am Kabuler Flughafen

Tote bei Explosion am Kabuler Flughafen
Detonationen in Kabul: Vor dem Flughafen, wo Tausende seit Tagen ausharren, ist am Donnerstag ein Sprengsatz explodiert. Auch an einem nahe gelegenen Hotel gab es eine Explosion. Zahlreiche Menschen wurden getötet.

Frankfurt a.M., Kabul (epd). Bei zwei Explosionen in der afghanischen Hauptstadt Kabul sind am Donnerstag zahlreiche Menschen getötet und verletzt worden. Der Sender Al-Dschasira berichtete unter Berufung auf einen Taliban-Sprecher von elf Toten bei einer Detonation an einem der Eingänge zum Flughafen und einem nahe gelegenen Hotel. Außerdem seien mindestens 52 Menschen verletzt worden. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, bestätigte beide Explosionen und sprach von Todesopfern, darunter auch US-Amerikaner.

Die Bundeswehr erklärte, deutsche Soldaten seien nicht betroffen. Es ist das erste Mal seit der Machtübernahme der Taliban vor knapp zwei Wochen, dass sich solche Explosionen ereignen. Derweil versuchten die westlichen Staaten nach Worten von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Donnerstag „fieberhaft“ weiter, Menschen über Militärflüge aus dem Land zu bringen. Gleichzeitig bereiteten mehrere Länder das Ende ihrer Evakuierungsflügen vor.

Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte indes nach den Explosionen auf einer Pressekonferenz in Dublin, dass Frankreich die Evakuierungen fortsetzen wolle. „Wir werden weitermachen, so lange es die Lage am Flughafen erlaubt.“

Augenzeugenberichten zufolge explodierte ein Sprengsatz inmitten der Menschenmenge am Flughafen-Zugang Abbey-Gate. In unmittelbarer Nähe des Flughafens harren Hunderte afghanische Familien aus in der Hoffnung, durch einen der drei streng bewachten Eingänge zu kommen und das Land verlassen zu können. Im nahegelegenen Baron-Hotel, wo sich die zweite Detonation ereignete, werden britische Bürger und gefährdete Afghaninnen und Afghanen auf ihre Evakuierung nach Großbritannien vorbereitet.

Die italienische Hilfsorganisation Emergency, die in Kabul eine Klinik betreibt, hat nach eigenen Angaben mindestens 60 Verwundete behandelt. Sechs weitere Menschen seien auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben, teilte die Hilfsorganisation auf Twitter mit.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg verurteilte den Anschlag. „Unsere Priorität bleibt, viele Menschen so schnell wie möglich zu evakuieren“, erklärte er auf Twitter.

Die USA und andere westlichen Regierungen, darunter auch Deutschland, hatten am Donnerstag vor Terrorgefahr durch den „Islamischen Staat“ am Flughafen gewarnt und die Menschen aufgefordert, das Gebiet zu verlassen. Der IS und die Taliban sind verfeindet. Auch auf dem Flughafengelände warten viele Menschen in der Hoffnung, aus dem Land evakuiert zu werden. Seit der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban vor fast zwei Wochen sind den USA zufolge etwa 95.700 Menschen von dort ausgeflogen worden.

Die USA hatten in einem Abkommen mit den Taliban zugesichert, bis Ende August das Land zu verlassen. Die Taliban kontrollieren die früheren Polizei-Posten um den Flughafen.

Das Welternährungsprogramm kündigte eine Luftbrücke zur Versorgung bedürftiger Menschen in Afghanistan an. Die Flugzeuge sollen zwischen der pakistanischen Hauptstadt Islamabad und Kabul pendeln, wie WFP-Exekutivdirektor David Beasley in der Nacht auf Donnerstag mitteilte.

„Sobald die Evakuierungen beendet sind, bleiben wir mit einer riesigen humanitären Notlage zurück“, sagte der Notfalldirektor der WHO, Richard Brennan, dem arabischen Sender Al-Dschasira. „Alle humanitären Organisationen haben in den vergangenen Wochen Schwierigkeiten gehabt, Hilfsgüter in das Land zu bekommen.“ Laut UN sind mehr als 18 Millionen Afghaninnen und Afghanen auf Nothilfe angewiesen, etwa eine Million Kinder schwebt in der Gefahr, in nächster Zeit zu verhungern.

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) forderte mehr Geld für die Versorgung der Vertriebenen. Mit 24 Millionen US-Dollar wolle man die Hilfe aufstocken, unter anderem für die Hunderttausenden Menschen, die in den vergangenen zwei Monaten zur Flucht gezwungen wurden. Am wichtigsten seien Unterkünfte, Wasser, Gesundheitsversorgung und Lebensmittel.