Afghanistan-Helfer: Ortskräfte haben ihr Leben für uns riskiert

Afghanistan-Helfer: Ortskräfte haben ihr Leben für uns riskiert

Berlin (epd). Frühere und aktive Beschäftigte der deutschen Entwicklungshilfe in Afghanistan haben die Bundesregierung in einem eindringlichen Appell zur Aufnahme auch ehemaliger Ortskräfte aufgerufen. Die Lage der lokalen Kräfte sei dramatisch, schrieben mehr als 80 Frauen und Männer in einem am Freitag veröffentlichten offenen Brief. Man sei sehr besorgt darüber, dass sich die derzeitigen Schutzmaßnahmen nur an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter richteten, die entweder aktuell für die deutsche Entwicklungshilfe arbeiten oder dies innerhalb der vergangenen zwei Jahre getan haben. Die meisten anderen ehemaligen lokalen Kräfte drohten jetzt im Stich gelassen zu werden, und es werde das Risiko in Kauf genommen, dass sie von den Taliban für ihr Engagement zur Rechenschaft gezogen würden.

Dabei hätten sie in Extremsituationen ihr Leben riskiert, um etwa bei Anschlägen bedrohte internationale - insbesondere deutsche Kolleginnen und Kollegen aus Gefahrenzonen zu retten. „Ohne die Ortskräfte wäre die deutsche Entwicklungszusammenarbeit völlig unmöglich gewesen“, betonen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, von denen die meisten für die staatliche Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) tätig sind oder waren. „Sie haben durch ihren Rat und ihre Kenntnisse tagtäglich dafür gesorgt, dass internationale Mitarbeitende der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in der komplexen Lage in Afghanistan nicht in gefährliche Situationen gerieten.“ Sie hätten verlässliche Partner vermittelt, vor Gefahren gewarnt, bei Auseinandersetzungen geschlichtet und Eskalationen verhindert.

„Dafür haben sie bereits seinerzeit erhebliche persönliche Risiken für sich und ihre Familien auf sich genommen.“ Nun erreichten viele der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner verzweifelte Hilfeersuche von lokalen Kolleginnen und Kollegen, die nach der Machtübernahme der Taliban wegen ihres Engagements für die deutsche Entwicklungshilfe akut bedroht seien und um ihr Leben fürchteten. „Gerade in Afghanistan ist allgemein bekannt, wer für wen tätig war und welche Loyalitäten herrschten - auch wenn eine langjährige direkte Zusammenarbeit mit Deutschland länger als zwei Jahre zurückliegt.“

Diese westlich orientierten, gebildeten und mehrsprachigen Kollegen wären ungeachtet der moralischen Verpflichtung, sie aufzunehmen, ein Gewinn für die deutsche Gesellschaft. „Darüber hinaus nähme der Ruf der deutschen Entwicklungsarbeit in der Welt irreversiblen Schaden.“ Es gebe im Aufenthaltsgesetz genau für solche Situationen eine Rechtsgrundlage, um eine Aufnahmezusage für bestimmte Einzelfälle und Personengruppen aus völkerrechtlichen und humanitären Gründen sowie zur Wahrung politischer Interesse Deutschlands zu erteilen, betonten die Helferinnen und Helfern in ihrem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Innenminister Horst Seehofer (CSU), Außenminister Heiko Maas (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU).