Mexiko-Stadt, Port-au-Prince (epd). Nach dem Erdbeben in Haiti gestaltet sich die humanitäre Hilfe laut der Leiterin des Landesbüros der Diakonie Katastrophenhilfe, Charlotte Green, schwierig. „Ein großer Teil der betroffenen Region ist noch nicht zu erreichen“, sagte Green dem Evangelischen Pressedienst (epd). Hilfskräfte seien mit der Suche und der Rettung von Menschen beschäftigt. Auch wegen Überfällen krimineller Gangs sei der Landweg in das Krisengebiet abgeschnitten. Medizinisches Personal und andere Hilfskräfte würden mit Hubschraubern und Flugzeugen in die Region gebracht.
Bei dem Erdbeben am Samstag sind nach Angaben der haitianischen Regierung mindestens 1.419 Menschen gestorben, 6.900 weitere wurden verletzt. Wie viele Tote es tatsächlich gab, sei bislang unklar, sagte Green. „Das Wichtigste ist im Moment, dass die Betroffenen eine medizinische Behandlung bekommen.“ Die Krankenhäuser seien überfüllt, viele Patienten müssten lange in der Sonne oder unter Palmen warten, bis sie behandelt werden könnten. Einige Hospitäler seien durch das Beben zerstört worden.
Zahlreiche Haitianerinnen und Haitianer müssten in Notunterkünften untergebracht werden, entweder weil sie ihr Zuhause verloren hätten oder aus Furcht vor Nachbeben. „Viele Menschen haben Angst, in ihre Häuser zurückzukehren,“ sagte Green. Partnerorganisationen der Diakonie verteilen vor Ort unter anderem Hygienepakete und helfen beim Bau provisorischer Unterkünfte.
Der karibische Inselstaat ist von Bandengewalt, Armut und sozialen Krisen geprägt. Anfang Juli wurde der Präsident Jovenel Moïse ermordet. Die instabilen politischen Verhältnisse machen sich auch beim Umgang mit dem Erdbeben bemerkbar. „Die Regierung hat wenig Ressourcen, um auf solche Katastrophen zu reagieren“, sagte Green. Deshalb brauche es eine enge Zusammenarbeit zwischen der Regierung und internationalen sowie nationalen Akteuren.
Haiti wurde bereits im Jahr 2010 von einem verheerenden Erdbeben heimgesucht, bei dem 220.000 Menschen starben. Damals war das Epizentrum des Bebens knapp 50 Kilometer von der eng besiedelten Hauptstadt Port-au-Prince entfernt. Beim jetzigen Beben waren vor allem der Südwesten des Landes rund um das Departement Grand’Anse und die Stadt Les Cayes im Department Sud betroffen. Das erkläre, warum verhältnismäßig wenig Menschen gestorben seien, sagte Green.