Forscher: Klimaneutralität verlangt fundamentale Veränderungen

Forscher: Klimaneutralität verlangt fundamentale Veränderungen
06.08.2021
epd
epd-Gespräch: Bettina Markmeyer

Berlin (epd). Der Physiker und Klimaforscher Anders Levermann sieht die wichtigste Aufgabe der nächsten Bundesregierung darin, den Strukturwandel zu einer klimaneutralen Wirtschaft voranzubringen. Levermann sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), es reiche nicht, den Ausstoß an Treibhausgasen zu verringern: „Auf null Emissionen zu kommen bedeutet: etwas fundamental anders zu machen. Es bedeutet nicht: weniger zu machen.“ Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein.

Der Potsdamer Wissenschaftler gehört zu den Ko-Autoren der Berichte des UN-Weltklimarats. Am kommenden Montag will das Gremium seinen 6. Sachstandsbericht mit neuen Erkenntnissen zum Klimawandel vorlegen. Die Weltklimarat-Berichte bestehen aus mehreren Teilen und erschienen zuletzt in den Jahren 2013 und 2014. Levermann sagte, obwohl die Gesamtschau auf die internationalen Forschungsergebnisse stets vorsichtig formuliert sei, „werden wir mit noch größerer Sicherheit sehen, dass ungebremster Klimawandel ein nicht kalkulierbares Risiko bedeutet“.

Levermann, der am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung den Bereich Komplexitätsforschung leitet, erklärte, es müsse in die Anpassung an Extrem-Wettereignisse ebenso investiert werden wie in den Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. Der Forscher sagte, viele Leute dächten an „Verzicht“, wenn es um den Kampf gegen den Klimawandel gehe, und fürchteten, das sei schlecht für die Wirtschaft. An anderen Entwicklungen könne man aber sehen, wie etwa der Wandel von der Schreibmaschine zum Computer zu etwas fundamental anderem führe. Ähnlich sei es bei der Umstellung von fossiler auf erneuerbare Energie: „Das muss nicht schlecht für die Wirtschaft sein, wenn man es richtig macht“, sagte Levermann.

In Bezug auf länderübergreifende Anstrengungen gegen die Erderwärmung äußerte sich der international tätige Wissenschaftler optimistisch. Zwar seien die vergangen 30 Jahre aus wissenschaftlicher Sicht für den Kampf gegen den Klimawandel verlorene Jahre, sagte er. Inzwischen wandele die Menschheit „auf Messers Schneide“. Doch bewegten sich die drei mächtigsten Wirtschaftsblöcke der Welt, Nordamerika mit den USA und Kanada, Europa und China, „in die gleiche, und zwar in die richtige Richtung“. Offenbar habe es einen langen Prozess geben müssen, sagte Levermann, „damit wir heute da sind, wo wir sind: an der Schwelle zur Lösung des Klimaproblems. Jetzt müssen wir über diese Schwelle allerdings auch gehen und zwar nachhaltig.“