Studie: Armutsrisiko von Alleinerziehenden weiter hoch

Studie: Armutsrisiko von Alleinerziehenden weiter hoch
Vor allem alleinerziehende Mütter sind von Armut betroffen, obwohl sie häufig sogar Vollzeit arbeiten. Die Belastungen durch die Corona-Pandemie bekommen Alleinerziehende besonders stark zu spüren, betont die Bertelsmann Stiftung.

Gütersloh (epd). Für Alleinerziehende bleibt das Armutsrisiko einer Studie zufolge weiter auf hohem Niveau. 43 Prozent der Ein-Eltern-Familien gelten als einkommensarm, bei Paarfamilien mit einem oder zwei Kindern seien dies dagegen nur neun beziehungsweise elf Prozent, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Untersuchung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Besonders betroffen seien Frauen - sie stellen 88 Prozent der Alleinerziehenden. Die Corona-Pandemie belastet diese Gruppe nach Einschätzung der Stiftung zusätzlich.

2019 lebten den Angaben zufolge in Deutschland rund 1,5 Millionen alleinerziehende Familien mit Kindern unter 18 Jahren. Ihr höheres Armutsrisiko sei nicht auf mangelnde Erwerbstätigkeit zurückzuführen, betonte die Stiftung: Alleinerziehende Frauen gingen häufiger einer Beschäftigung nach als andere Mütter und arbeiteten auch öfter in Vollzeit. Sie leisteten „im Alltag enorm viel und erfahren dafür zu wenig Anerkennung“, sagte der Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Jörg Dräger. Oftmals sorgten sie allein für die Kinder und gingen zusätzlich arbeiten.

Nach Drägers Einschätzung bekommen alleinerziehende Familien die Folgen der Covid-19-Pandemie besonders zu spüren. Die Mütter oder Väter arbeiteten häufig im Niedriglohnbereich und in systemrelevanten Berufen und lebten in beengten Wohnungen. Durch geschlossene Schulen, Kitas und Vereine fehlten den Eltern Entlastungsangebote, erklärte die Stiftung. So gelangten Alleinerziehende „an die Grenzen ihrer Gesundheit“.

Zur Vermeidung von Kinderarmut empfahl die Bertelsmann Stiftung die Einführung eines Teilhabegeldes, „das finanzielle Leistungen für Kinder bündelt, einfach zu beantragen ist und gerade Alleinerziehende erreicht“. Auch solle die Politik zum Beispiel zusätzliche Anschaffungs- oder Wohnkosten absichern, wenn Kinder in zwei Haushalten lebten. Unterhaltsansprüche Alleinerziehender sollten auf den Staat übertragen werden, damit dieser sie einfordern könne, schlug die Stiftung vor.

Das Deutsche Kinderhilfswerk forderte mit Blick auf die Ergebnisse der Studie „armutsfeste Löhne und bezahlbaren Wohnraum ebenso wie ausreichende und flexible Kinderbetreuungsmöglichkeiten sowie eine stärkere Unterstützung von Alleinerziehenden bei Weiterbildungen oder dem Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt“. Der Bundesgeschäftsführer des Kinderhilfswerks, Holger Hofmann, erklärte: „Und da, wo der Staat finanziell einspringen muss, um den Lebensunterhalt zu gewährleisten, braucht es kurzfristig höhere Hartz-IV-Regelsätze.“ Neben der materiellen Absicherung brauche es auch einen stärkeren Fokus auf Bildung, um den Armutskreislauf zu durchbrechen.

Die Studie „Alleinerziehende weiter unter Druck“ wurde von Anne Lenze von der Hochschule Darmstadt im Auftrag der Bertelsmann Stiftung erstellt. Die Zahlen zur Einkommensarmut stammen vom Statistischen Bundesamt und datieren von 2019.