Große Unterschiede bei Azubi-Gehältern

Große Unterschiede bei Azubi-Gehältern
Böckler-Erhebung: Öffentlicher Dienst an der Spitze
Als Azubi finanziell auf eigenen Füßen zu stehen, ist in manchen Berufen schwierig. Je nach Branche und Region lohnt sich vor Unterschreiben des Ausbildungsvertrags ein Blick auf die Vergütungstabelle. Die Spannbreite ist groß.

Düsseldorf (epd). Bei den Vergütungen von Auszubildenden herrschen je nach Branche und Region große Unterschiede. Die Spannbreite der in den Tarifverträgen vereinbarten Vergütungen reiche aktuell von 325 Euro pro Monat, die Auszubildende im thüringischen Friseurhandwerk im ersten Ausbildungsjahr erhalten, bis zu 1.580 Euro im westdeutschen Bauhauptgewerbe, mit denen Auszubildende im vierten Ausbildungsjahr vergütet werden, erklärte die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung am Dienstag in Düsseldorf.

Die Stiftung verweist auf eine Untersuchung ihres Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI). Darin wurden, kurz vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres, 20 ausgewählte Tarifbranchen verglichen. Im ersten Ausbildungsjahr liege in sechs der untersuchten Tarifbranchen die Vergütung oberhalb von 1.000 Euro pro Monat.

Der Öffentliche Dienst bietet der Untersuchung zufolge eine monatliche Ausbildungsvergütung von 1.043 Euro in Einrichtungen des Bundes und von Kommunen, 1.037 Euro erhalten Azubis in einer Landesbehörde. Die chemische Industrie zahlt 1.042 Euro im Bezirk Nordrhein und 1.033 Euro im Bezirk Ost. Die Metall- und Elektroindustrie bietet 1.037 Euro an Ausbildungsvergütung in Baden-Württemberg und 1.007 Euro in Sachsen.

Vergleichsweise attraktiv ist den Angaben zufolge eine Ausbildung in den Pflegeberufen. Die höchste Ausbildungsvergütung unter den untersuchten Tarifbranchen wird aktuell mit 1.166 Euro (Öffentlicher Dienst: Bund und Gemeinden) beziehungsweise 1.161 Euro (Öffentlicher Dienst: Länder) gezahlt, wie die Böckler-Stiftung erklärte. Diese Ausbildungsstellen verfügen mittlerweile innerhalb der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes über gesonderte Regelungen. In privaten Pflegeeinrichtungen ohne Tarifvertrag könne die Ausbildungsvergütung hingegen deutlich geringer ausfallen, hieß es.

Bundesweit einheitlich sind auch das Versicherungsgewerbe mit 1.040 Euro, das Bankgewerbe (1.036 Euro) sowie die Deutsche Bahn AG (1.004 Euro) aufgestellt.

In zehn der untersuchten 20 Tarifbranchen betragen die monatlichen Ausbildungsvergütungen im ersten Jahr zwischen 700 und 1.000 Euro. Hierzu gehören unter anderen das Bauhauptgewerbe, die Druckindustrie, der Einzelhandel und das Gebäudereinigerhandwerk. In der Landwirtschaft wird in Mecklenburg-Vorpommern mit 721 Euro mittlerweile auch eine Ausbildungsvergütung oberhalb der 700-Euro-Marke gezahlt. Im westdeutschen Tarifbezirk Nordrhein liegt die Ausbildungsvergütung in der Landwirtschaft mit 690 Euro hingegen noch knapp darunter.

Die geringsten Ausbildungsvergütungen werden im Bäckerhandwerk (645 Euro), in der Floristik (634 Euro in West- und 425 Euro in Ostdeutschland) und im Friseurhandwerk (575 Euro in Nordrhein-Westfalen und 325 Euro in Thüringen) gezahlt. In den bereits seit längerem nicht mehr erneuerten Tarifverträgen der ostdeutschen Floristik und des thüringischen Friseurgewerbes liegt die Ausbildungsvergütung sogar unterhalb der gesetzlichen Mindestausbildungsvergütung von 550 Euro im Monat.

In lediglich sieben der vom WSI untersuchten Tarifbranchen existieren bundesweit einheitliche Ausbildungsvergütungen, darunter fallen neben dem Versicherungsgewerbe und der Deutschen Bahn das Bäckerhandwerk, das Bankgewerbe, die Druckindustrie und der Öffentliche Dienst. In 13 Tarifbranchen bestehen hingegen nach wie vor Unterschiede im Niveau der Ausbildungsvergütungen zwischen den west- und den ostdeutschen Tarifgebieten.

Die großen Unterschiede hätten vor allem etwas mit unterschiedlichen Verhandlungspositionen der Gewerkschaften zu tun, sagte der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten. Denn die Ausbildungsvergütungen würden in der Regel im Rahmen der allgemeinen Lohnverhandlungen vereinbart. „Mittlerweile kommt hinzu, dass in vielen Branchen ein zunehmender Fachkräftemangel den Anpassungsdruck in Richtung auf bessere Ausbildungsbedingungen erhöht“, erklärte Schulten.