Moraltheologe fordert neue katholische Beziehungsethik

Open-Air-Segnungsgottesdienst für Homosexuelle
© Henning Kaiser/dpa
Vor der Regenbogenfahne hält Pfarrer Ulrich Hinzen bei einem Open-Air-Segnungsgottesdienst für Liebende vor der Kirche Christi Auferstehung einen Kelch.
Moraltheologe fordert neue katholische Beziehungsethik
Bischof Bode plädiert für Anerkennung der sexuellen Vielfalt
Homosexualität war für die katholische Kirche lange ein Tabu. Doch in Deutschland fordern Gläubige und Priester einen Wandel. Trotz Verbot aus Rom gab es Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare. Das Bistum Osnabrück will zumindest darüber reden.

Osnabrück (epd). Der katholische Moraltheologe Elmar Kos hat von seiner Kirche eine neue Beziehungsethik an Stelle der traditionellen Sexualmoral gefordert. Die Kirche sollte den Menschen nicht länger Verbote und Gesetze auferlegen, sondern ihnen Ratschläge und Orientierung anbieten, sagte Kos am Mittwoch während eines Online-Fachtages des Bistums Osnabrück zum Thema „Über Sex muss man reden“. Die Beziehungsethik müsse die Sexualität als Wert an sich anerkennen. Sie sollte zudem anerkennen, dass es auch „kreative“ Formen der Sexualität, also Homosexualität und queere Lebensformen geben könne.

Die geltende Sexualmoral gehe zurück auf eine angenommene Naturordnung, wonach Liebe und Sexualität ausschließlich zwischen Mann und Frau möglich und mit der Fortpflanzung untrennbar verknüpft sei, erläuterte Kos, der an den Universitäten Osnabrück und Vechta lehrt. Das widerspreche naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und der Lebensrealität der Menschen. Eine neue Beziehungsethik sollte zwar weiterhin an der heterosexuellen und auf Treue angelegten Beziehung als Ideal festhalten. Eine solche sei „der optimale Entfaltungsbereich für menschliche Sexualität - aber nicht der einzige“.

Die Kirche sollte vermitteln, dass ihr die Verbindung von Liebe und Sexualität wichtig ist, forderte der Professor. Darüber hinaus müsse sie aber den Menschen in Fragen der Sexualität die Entscheidung überlassen, wie sie leben wollten. Die Frage, wie die katholische Kirche mit gleichgeschlechtlich Liebenden umgehe, sei nicht ein Thema für Randgruppen. Daran entscheide sich, „ob die katholische Kirche wirklich ernst genommen wird als eine Instanz, die bei den Menschen ist“.

Bischof Franz-Josef Bode betonte, er „bejahe alle diese Dinge“. Er warb jedoch auf Nachfrage aus dem Kreis der rund 150 Zuhörenden um Verständnis dafür, dass vieles nicht im Alleingang seines Bistums umgesetzt werden könne. Er könne sich etwa, was die Konsequenzen für Mitarbeitende angehe, die sich outen, nicht über die Grundordnung der Deutschen Bischofskonferenz hinwegsetzen. Er setze aber auf Einzelfall-Lösungen, sagte Bode.

Der Bischof will nach eigenen Worten in seinem Bistum die Diskussion und die Auseinandersetzung mit diesen Themen vorantreiben. Es sei wichtig, dass in allen kirchlichen Gremien, Gruppen und Foren offen und angstfrei über Sexualität gesprochen werden könne. Darüber hinaus müsse der Reformprozess „Synodaler Weg“ für eine Weiterentwicklung sorgen, forderte Bode. Er verwies aber auch darauf, dass diejenigen angehört und ernst genommen werden müssten, die an der Tradition festhalten wollten. Es gehe nicht darum, die alte Sexualmoral komplett über Bord zu werfen, sondern sie weiterzuentwickeln.