"Nie wieder Rana Plaza" - Bundestag beschließt Lieferkettengesetz

"Nie wieder Rana Plaza" - Bundestag beschließt Lieferkettengesetz
Nach langem und hartem Ringen in der Regierungskoalition hat der Bundestag das Lieferkettengesetz verabschiedet. Es nimmt große Unternehmen in Verantwortung, bei den Arbeitsbedingungen in ihren globalen Zulieferbetrieben genauer hinzuschauen.

Berlin (epd). Große Unternehmen in Deutschland müssen künftig bei Menschenrechtsverletzungen durch ihre ausländischen Zulieferer mit hohen Bußgeldern rechnen. Der Bundestag beschloss am Freitag in Berlin ein Lieferkettengesetz, das Unternehmen Sorgfaltspflichten auferlegt. Wer Ausbeutung von Menschen in Afrika oder Asien billigend in Kauf nimmt, kann außerdem bis zu drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte in der abschließenden Debatte, mit dem Gesetz werde ein Stück Rechtsgeschichte geschrieben und ein Signal Richtung Europa gesetzt im Kampf gegen Ausbeutung, Kinderarbeit und Sklavenarbeit: „Wir können unseren Wohlstand nicht auf der Ausbeutung von Menschen aufbauen“, sagte Heil. 160 Millionen Kinder weltweit müssten arbeiten, durch die Corona-Pandemie habe sich die Situation wieder verschlimmert. „Kinder gehören in Schulen und nicht in Minen“, sagte Heil. Unternehmen die sich um die Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechtsstandards kümmerten, dürften gegenüber solchen, die dies nicht täten, nicht im Nachteil sein.

In Kraft treten soll das Gesetz in zwei Schritten: Ab 2023 sind die etwa 600 großen Firmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten davon betroffen, ab 2024 für insgesamt knapp 3.000 Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Das Gesetz verpflichtet Firmen beispielsweise, Menschenrechtsverletzungen über Risikoanalysen aufzuspüren und dagegen vorzugehen. Auch Möglichkeiten zur Beschwerde muss es geben. Neben Menschenrechten müssen auch gewisse Arbeits- und Umweltstandards eingehalten werden.

Über den Entwurf war in der Regierung sowie in den Koalitionsfraktionen lange und heftig gerungen worden. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) wollten ursprünglich Betriebe ab 500 Beschäftigten verpflichten, was Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) aber verhinderte. Auch eine zivilrechtliche Haftung wehrte die CDU ab. Grüne und Linke kritisierten, das Lieferkettengesetz sei gegenüber dem Entwurf im Verlauf der Beratungen stark verwässert worden. Die Linke enthielt sich der Stimme, die Grünen stimmten dennoch zu.

Entwicklungsminister Müller sagte in einer emotionalen Rede, das Gesetz sei nur als „Teamwork gegen extrem starkes Lobbying“ zustande gekommen. Es müssten weitere Schritte auf europäischer und internationaler Ebene folgen. Nicht ein freier, sondern „ein fairer Welthandel“ müsse das Ziel sein, so Müller, der nach dem Ende der Legislaturperiode aus dem Amt scheidet: „Nie wieder Rana Plaza.“

Den Anstoß für gesetzgeberische Schritte hat die Katastrophe von Rana Plaza im Jahr 2013 gegeben: Bei dem Einsturz der achtstöckigen Textilfabrik in Bangladesch waren damals mehr als 1.100 Menschen getötet und mehr als 2.400 zum Teil schwer verletzt worden - überwiegend Frauen, die dort für internationale Modekonzerne als Näherinnen gearbeitet haben.