Kaddor fordert vom Islamkolleg eindeutiges Bekenntnis zu Imaminnen

Lamya Kaddor
© epd-bild/Dominik Asbach
Die Duisburger Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor fordert von den Verantwortlichen ein eindeutiges Bekenntnis zur Gleichberechtigung.
Kaddor fordert vom Islamkolleg eindeutiges Bekenntnis zu Imaminnen
10.06.2021
epd
epd-Gespräch: Martina Schwager

Osnabrück, Duisburg (epd). Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor hat das neue Islamkolleg zur Ausbildung von Imamen als „Meilenstein“ gelobt. Die Einrichtung, die vom deutschen Staat finanziert und an der in deutscher Sprache unterrichtet werde, könne dazu beitragen, das muslimische Leben in Deutschland besser zu verankern und der Islamfeindlichkeit entgegenzuwirken, sagte Kaddor dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Duisburger Wissenschaftlerin ist auch Lehrerin und Religionspädagogin und gehört dem wissenschaftlichen Beirat des Kollegs in Osnabrück an.

Zugleich forderte Kaddor von den Verantwortlichen ein eindeutiges Bekenntnis zur Gleichberechtigung. Sie sehe keinen Grund, weshalb das Islamkolleg nicht ganz offen sagen sollte, dass dort auch Imaminnen ausgebildet werden könnten. Wenn der Staat das Kolleg schon mit einer Anschubfinanzierung versehe, hätte er darauf bestehen sollen: „Das muss der Anspruch in einer offenen Gesellschaft sein“, sagte die Gründungsvorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes.

Sie wünsche sich, dass künftig immer mehr Frauen diese Ausbildung absolvierten und dass der Frauenanteil auch unter den Lehrkräften am Kolleg deutlich zunehme, sagte Kaddor: „Warum soll islamische Theologie nur von Männern gelehrt werden?“

Zwar nehmen am Islamkolleg auch Frauen an der Vorbereitung zum praktischen Dienst in den Gemeinden teil, im ersten Jahrgang liegt der Anteil bei etwa 20 Prozent. Aber das Kolleg will sich in der Diskussion darum, ob auch Frauen Vorbeterinnen oder Imaminnen sein können, nicht positionieren. Die Verantwortlichen sprechen lieber allgemein von „religiösem Betreuungspersonal“, um ihre Akzeptanz in den Moscheegemeinden nicht zu gefährden.

Kaddor betonte, es gebe theologisch überhaupt keinen Grund, Frauen das Amt der Imamin vorzuenthalten. „Wir sind ja nicht die katholische Kirche, wo man für bestimmte Ämter geweiht werden muss.“ Selbst in konservativen Moscheegemeinden könnten Frauen zumindest die Gebete für Frauen anleiten und vor Frauen predigen. „Ich bin sicher, wenn man eine Umfrage unter muslimischen Frauen starten würde, würde sich eine deutliche Mehrheit Imaminnen wünschen.“ Es seien aber die traditionell-patriarchalischen Strukturen, die das weitgehend verhinderten. Gemeinden des Liberal-Islamischen Bundes würden selbstverständlich auch von Frauen geleitet, eine von einem Trans-Imam.

Im Übrigen sollte der Staat mittelfristig auch Religionsgemeinschaften und Moscheegemeinden fördern, die einen grundgesetz-konformen Islam vertreten, forderte Kaddor. Diese könnten dann die in Osnabrück ausgebildeten Imame und Imaminnen auch anstellen. Eine solche Unterstützung sei jahrzehntelang mit Hinweis auf die Neutralität des Staates abgelehnt worden. „Insofern finde ich die Anschubfinanzierung für das Islamkolleg sehr bemerkenswert.“ Der Bund und das Land Niedersachsen unterstützen das Kolleg für fünf Jahre mit insgesamt rund 5,5 Millionen Euro.