Niederländisches Gericht zwingt Shell zu CO2-Verminderung

Niederländisches Gericht zwingt Shell zu CO2-Verminderung
Klimaschützer feiern einen erneuten Sieg vor Gericht: Ein niederländisches Gericht zwingt den Ölkonzern Shell, bis 2030 seinen CO2-Ausstoß nahezu zu halbieren. Den Klägern zufolge ist es der erste Klima-Prozess gegen einen Konzern.

Den Haag (epd). Klimaschützer in den Niederlanden haben einen gerichtlichen Sieg im Kampf gegen den Klimawandel erzielt. Ein Gericht in Den Haag entschied am Mittwoch, dass der Ölkonzern Shell bis Ende 2030 seinen CO2-Ausstoß um 45 Prozent gegenüber 2019 vermindern muss. Mehr als 17.000 Bürger und sieben Organisationen hatten den Prozess angestrengt, um eine Veränderung in der Geschäftspolitik des niederländisch-britischen Konzerns zu erzwingen.

„Shell muss seinen Beitrag leisten, um gegen den gefährlichen Klimawandel vorzugehen“, sagte die Vorsitzende Richterin, Larisa Alwin, am Mittwoch. Der Konzern müsse seine Geschäftsführung so verändern, dass die Shell-Gruppe mit ihren 1.100 Tochterkonzernen und ihren Zulieferern und Abnehmern ihren CO2-Ausstoß bis Ende 2030 fast halbiere. Shell verursacht nach Schätzungen der Organisation „Friends of the Earth“, die den Prozess initiiert hat, rund neun Mal mehr CO2 als die Niederlande, wo der Konzern seinen Sitz hat. Die Organisation argumentierte, dass der Konzern nichts gegen die dadurch verursachte Erderwärmung unternommen habe, obwohl er seit 60 Jahren von den schädlichen Folgen des Öl- und Gasverbrauchs gewusst habe.

Klimaschützer bezeichneten die Gerichtsentscheidung am Mittwoch als bahnbrechend. „Das Urteil ist ein historischer Sieg für die Klimabewegung und jeden, der von den Folgen der Klimakrise betroffen ist“, sagte der Interims-Direktor von Greenpeace in den Niederlanden, Andy Palmen. Die Sprecherin für Klimapolitik der Grünen im Bundestag, Lisa Badum, erklärte, der Fall mache klar, dass unternehmerische Verantwortung auch beim Klimaschutz gelte. Der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Olaf Bandt, erklärte, zum ersten Mal in der Geschichte sei ein Konzern verpflichtet worden, seiner Verantwortung für die Klimakrise gerecht zu werden und seine Emissionen radikal zu reduzieren.

Shell hatte vor der Urteilsverkündung erklärt, der Kampf gegen den Klimawandel sei eine gemeinschaftliche Aufgabe und erfordere mehr als nur die Bemühungen einer einzigen Firma. Der Konzern glaube deshalb nicht, dass ein Gerichtsverfahren zu Veränderungen im Kampf gegen den Klimawandel führen werde. Shell kündigte an, bis 2050 ein emissionsfreier Energiekonzern werden zu wollen.

Das Gericht entschied, Shell sei nicht nur für seine eigene Geschäftsführung verantwortlich, sondern könne auch Einfluss auf seine Zulieferer und Abnehmer ausüben. Das Gericht wies zwar die Klagen der mehr als 17.000 Einzelpersonen ab, gab sechs der sieben Organisationen, die das Gemeinschaftsinteresse vertraten, jedoch am Mittwoch recht. „Friends of the Earth“ hatte bereits im Februar gemeinsam mit mehreren Bauern aus Nigeria einen Sieg gegen Shell erzielt, als ein niederländisches Gericht den Konzern zur Zahlung von Schadensersatz wegen Ölverschmutzung im Nigerdelta verurteilte. 2015 hatte ein Gericht den niederländischen Staat verpflichtet, mehr gegen den Klimawandel zu tun. Das Urteil wurde 2019 in höchster Instanz bestätigt.