"Sea-Eye 4" rettet 330 Menschen aus Seenot im Mittelmeer

"Sea-Eye 4" rettet 330 Menschen aus Seenot im Mittelmeer
IOM kritisiert erzwungene Rückkehr von Hunderten Flüchtlingen
Die Lage im Mittelmeer ist wieder angespannt. Während die "Sea-Eye 4" bei ihrem ersten Einsatz 330 Menschen aus Seenot rettet, registrieren die UN Hunderte erzwungene Rückführungen nach Libyen.

Regensburg (epd). Das Rettungsschiff „Sea-Eye 4“ hat bei fünf Einsätzen im Mittelmeer 330 Menschen aus Seenot gerettet. „Die Crew ist am Limit“, erklärte die Organisation Sea-Eye, die das Schiff betreibt, am Montag. Bei der fünften Rettung seit Samstag habe die Besatzung weitere 99 Menschen an Bord geholt, die größtenteils aus Syrien stammten. Einige Stunden davor waren 50 Menschen aus einem Boot gerettet worden. Unter den Geretteten seien zahlreiche Kinder und Frauen, einige hätten medizinische Versorgung gebraucht.

Nach 72 Stunden im Einsatz sei die „Sea-Eye 4“ weiter auf der Suche nach Vermissten, erklärte Sea-Eye-Sprecher Gorden Isler. „Den europäischen Behörden sind weitere Seenotfälle bekannt, doch es gibt keine Reaktionen.“ Die EU-Staaten ließen die schutzsuchenden Menschen im Stich. „Unser Einsatz ist deshalb noch nicht beendet.“

Es ist der erste Rettungseinsatz des neuen Schiffes „Sea-Eye 4“. Wie auch die „Sea-Watch 4“ der gleichnamigen Organisation wird die „Sea-Eye 4“ vom Bündnis United4Rescue unterstützt, das unter anderem von der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) getragen wird. Die Pflicht zur Seenotrettung sei ein Völkerrecht - „auch wenn diese Pflicht aktuell nur von der zivilen Seenotrettung wahrgenommen wird und nicht von den Mitgliedstaaten der EU“, erklärte der Vorsitzender von United4Rescue, Thies Gundlach.

Derweil erklärte die Internationale Organisation für Migration (IOM), dass in der Nacht auf Montag mehr als 680 Bootsflüchtlinge im Mittelmeer zu einer Rückkehr nach Libyen gezwungen wurden. „Die Unterstützung der libyschen Rettungsbehörden sollte davon abhängig sein, dass niemand willkürlich festgenommen wird oder Menschenrechtsverletzungen erdulden muss“, forderte IOM-Sprecherin Safa Msehli. Ohne eine solche Garantie solle die Unterstützung überdacht werden. Die libysche Küstenwache wird unter anderem von der EU finanziert und hat seit Jahresbeginn mehr als 7.000 Menschen zur Rückkehr nach Libyen gezwungen. In den libyschen Flüchtlingslagern herrschen laut UN und Menschenrechtlern dramatische Bedingungen.

Die Besatzung der „Sea-Eye 4“ hatte am Freitag einen Notruf aus einem Holzboot mit etwa 50 Menschen an Bord weitergeleitet bekommen, es aber leer vorgefunden, wie Sea-Eye mitteilte. Während des Einsatzes habe die Crew ein Flugzeug der EU-Grenzschutzagentur Frontex gesichtet. Man gehe davon aus, dass die Migrantinnen und Migranten „auf Veranlassung der EU-Staaten Opfer einer weiteren rechtswidrigen Zurückweisung geworden sind und die Menschen in die Internierungslager Libyens zurückgebracht wurden“, sagte Sea-Eye-Vorsitzender Gorden Isler.

Das Mittelmeer ist eine der gefährlichsten Fluchtrouten der Welt. Laut IOM starben bei dem Versuch, auf diesem Weg nach Europa zu gelangen, seit Jahresbeginn 1.269 Menschen.