Verfassungsgerichtshof: Zu wenig Akteneinsicht für Lügde-Ausschuss

Verfassungsgerichtshof: Zu wenig Akteneinsicht für Lügde-Ausschuss

Münster (epd). Nordrhein-westfälische Ministerien haben nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs Mitglieder des Parlamentarischen Untersuchungssausschusses im Missbrauchsfall Lügde nicht ausreichend informiert. Justiz- und Innenministerium hätten das Recht der klagenden fünf Ausschussmitglieder auf vollständige Aktenvorlage an den Untersuchungsausschuss verletzt, entschied der Verfassungsgerichtshof NRW am Dienstag in Münster. (AZ: VerfGH 177/20) Ein Verfassungsverstoß seien auch die ungenügenden Erklärungen der Verzögerungen. Fünf Antragsteller aus den Fraktionen SPD und Grüne hatten beim Verfassungsgerichtshof ein Organstreitverfahren gegen die Ministerien eingeleitet.

Der Untersuchungsausschuss zum Kindesmissbrauch von Lügde, "PUA IV - Kindesmissbrauch", soll mögliche Versäumnisse, Unterlassungen, Fehleinschätzungen und Fehlverhalten der Landesregierung und der Behörden des Kreises Lippe aufklären. Außerdem soll er prüfen, welche Schlussfolgerungen aus den Untersuchungsergebnissen gezogen werden müssen.

Der Untersuchungsausschuss hatte nach Angaben des Verfassungsgerichtshofes im Juli 2019 im Zusammenhang mit dem Missbrauchsfall bei den Ministern des Innern und der Justiz Akten, Schriftverkehr und Berichte angefordert. Die Minister hätten den Untersuchungsausschuss auf die Notwendigkeit hingewiesen, einen wirksamen Schutz der persönlichen Daten von Opfern und deren Angehörige zu gewährleisten. Die Ministerien leiteten dem Ausschuss ausgewählte und pseudonomysierte Akten weiter. Der Ausschuss habe unabhängig davon auch unbearbeitete Originalakten gefordert.

Im Fall des Kindesmissbrauchs auf einem Campingplatz im lippischen Lügde waren beide Haupttäter im September 2019 zu Freiheitsstrafen von 13 und zwölf Jahren mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Laut Gericht hatten sich die beiden Männer in rund 400 Fällen des Kindesmissbrauchs schuldig gemacht. Unter den Opfern war auch das Pflegekind eines der beiden Männer. Im Zuge der Ermittlungen waren auch Vorwürfe gegen Mitarbeiter der Jugendämter des Kreises Lippe und des Landkreises Hameln-Pyrmont (Niedersachsen) erhoben worden.