Wissenschaftler: Arme Menschen besser vor Corona schützen

Wissenschaftler: Arme Menschen besser vor Corona schützen
16.04.2021
epd
epd-Gespräch: Christina Denz

Düsseldorf (epd). Der Medizinsoziologe Nico Dragano appelliert an Kommunen und Unternehmen, Regionen mit überwiegend armer Bevölkerung besonders vor Corona-Infektionen zu schützen. "Da gibt es erheblichen Bedarf", sagte der Professor des Düsseldorfer Instituts für medizinische Soziologie dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bundesweit gibt es laut Dragano zahlreiche Regionen oder Ortsteile, in denen arme Menschen besonders anfällig für eine Covid-19-Infektion seien. Ziel von Bund, Ländern und Kommunen müsse es sein, Infektionsketten in diesen Gebieten zu unterbrechen.

Regionen, in denen viele Menschen mit geringem Einkommen leben, stechen laut Dragano durch eine erhöhte Sterblichkeitsrate heraus. Dabei spielten eine Vielzahl von Gründen eine Rolle. Zum einen sei das Risiko einer Corona-Infektion durch beengte Wohnverhältnisse etwa bei großen Familien und einer hohen Wohndichte erhöht. Zudem hätten die Menschen in solchen Regionen überdurchschnittlich häufige Vorerkrankungen, was sie anfällig für schwere Corona-Krankheitsverläufe mache. "Die Gesundheit hängt vom Geldbeutel ab, das gilt auch für Corona", sagte Dragano.

Infektions-Hotspots könne es aber auch in einzelnen Wirtschaftsbereichen geben, etwa dort, wo Arbeiterinnen und Arbeiter gering qualifizierte Tätigkeiten auf engem Raum ausführen müssten und nicht ins Homeoffice wechseln könnten, befürchtet der Medizinsoziologe. In internationalen Studien gebe es Hinweise auf hohe Infektionszahlen in solchen Bereichen. Die Fleischindustrie sei da lediglich ein bekanntgewordenes Beispiel. Die Unternehmen seien gefragt, den Arbeitsschutz und die Hygienebestimmungen für alle Teile der Belegschaft konsequent umzusetzen.

Dragano lehrt am Institut für medizinische Soziologie am Universitätsklinikum Düsseldorf und ist Sprecher der Arbeitsgruppe Soziodemographie im Methodennetzwerk zur Unterstützung von Covid-19-Forschungsprojekten. Die Einrichtung untersucht die Entwicklung von Corona-Infektionen und -Sterblichkeit in Regionen mit prekären Lebensverhältnissen. Aspekte der Untersuchung sind unter anderem Fragen nach der Arbeitssituation der Betroffenen, nach der Bevölkerungsdichte, der Wohnsituation und der Einkommenshöhe der Menschen in einer Region.