Sechs Monate nach Dresdner Messerattacke beginnt Prozess gegen Syrer

Sechs Monate nach Dresdner Messerattacke beginnt Prozess gegen Syrer
Ein radikal-islamistischer Syrer steht seit Montag vor dem Oberlandesgericht Dresden. Der polizeibekannte Gefährder soll im Oktober 2020 ein schwules Paar angegriffen und dabei einen Mann getötet haben. Äußern wollte er sich dazu nicht.

Dresden (epd). Sechs Monate nach dem tödlichen Angriff auf ein schwules Paar in Dresden muss sich seit Montag ein 21-jähriger Syrer vor dem dortigen Oberlandesgericht verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft dem vorbestraften Abdullah A. Mord, versuchten Mord sowie gefährliche Körperverletzung vor. Bei der Messerattacke in der Dresdner Altstadt am Abend des 4. Oktober 2020 war ein 55-jähriger Mann aus dem nordrhein-westfälischen Krefeld tödlich verletzt worden. Sein 53-jähriger Partner erlitt schwere Verletzungen. (Az.: 4 St 1/21).

Der Syrer war von den Behörden bereits 2017 als islamistischer Gefährder eingestuft worden. Er lehnt laut Bundesanwaltschaft die freiheitlich-demokratische Ordnung ab. Gleichgeschlechtliche Paare empfinde er als "schwere Sünde", die es zu bestrafen gelte, sagte der Vertreter der Bundesanwaltschaft, Marco Mayer, beim Verlesen der Anklage. Abdullah A. soll die beiden Männer als Paar erkannt haben.

Hintergrund der Tat sei die radikal-islamistische Gesinnung des Angeklagten. Die beiden Tatopfer habe er ausgewählt, um sie als "ungläubige" Repräsentanten einer offenen Gesellschaftsordnung zu bestrafen. Der Syrer, der 2015 nach Deutschland gekommen war, habe aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch einen Menschen getötet. Er soll das Paar von hinten angegriffen und auf die beiden Touristen mit zwei Messern unvermittelt eingestochen haben.

Der Prozess findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Zu den Vorwürfen wollte sich der 21-Jährige nicht äußern. Als erster Zeuge stellte der renommierte Psychiater Norbert Leygraf seine Erkenntnisse aus Gesprächen mit dem Angeklagten vor. Der Gutachter hatte am 20. und 21. März mit dem Syrer sechseinhalb Stunden in der Justizvollzugsanstalt geredet.

Homosexuelle seien Feinde Gottes, soll der Angeklagte ihm dabei gesagt haben; sie müssten geschlagen oder getötet werden. Dass er nach seiner Haftentlassung "etwas machen werde", sei sicher gewesen, nur was, das habe er zunächst noch nicht gewusst.

Am Tattag soll Abdullah A. in einer Moschee gebetet haben. Die Messer hatte er dort laut Leygraf schon dabei. Danach sei er mit der Straßenbahn in die Innenstadt gefahren. Nach der Messerattacke auf das Paar war er geflohen. Zwei Wochen später wurde er festgenommen.

Abdullah A. ist laut Angaben des Psychiaters in Syrien - als drittes von neun Kindern der Familie - in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. In Deutschland sollte er nach dem Willen der Eltern Geld verdienen und die Familie später nachholen. Schon früh habe es Probleme mit ihm gegeben, unter anderem in der Schule, sagte Leygraf. Er sei in Schlägereien verwickelt gewesen und habe auch gestohlen. Später sei er oft in Spielhallen gewesen.

Der heute 21-Jährige stand bereits Ende 2018 vor dem Dresdner Oberlandesgericht. Er wurde damals zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, weil er im August 2017 unter anderem ein Selbstmordattentat geplant und für die sogenannte Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geworben hatte. Laut Bundesanwaltschaft hat er sich seit 2016 zunehmend radikalisiert. Weil er in der Haft zwei Bedienstete angriff, saß er schließlich drei Jahre und einen Monat im Gefängnis. Fünf Tage nach seiner Haftentlassung soll er die tödliche Messerattacke verübt haben.