Woelki: "Das hätte so nie passieren dürfen"

Woelki: "Das hätte so nie passieren dürfen"
Der Kölner Erzbischof Woelki hat schwere Versäumnisse im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs eingeräumt, einen Rücktritt aber ausgeschlossen. Zugleich kündigte das Erzbistum Maßnahmen zur Aufarbeitung der Fehler an.

Köln (epd). Der Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki hat seinen Rücktritt nach der Veröffentlichung des Gutachtens zu Missbrauchsfällen im Erzbistum ausgeschlossen. Die moralische Verantwortung für die mangelnde Aufklärung sexuellen Missbrauchs liege auch bei ihm, erklärte er am Dienstag in Köln. Er werde jedoch im Amt bleiben. "So ein Rücktritt wäre nur ein Symbol", sagte er. Er und sein Generalvikar Markus Hofmann kündigten erste Konsequenzen aus dem vergangene Woche vorgestellten Rechtsgutachten zum Umgang mit Missbrauchsfällen im Erzbistum an. Das Reformbündnis "Wir sind Kirche" forderte Woelki hingegen auf, sich seiner moralischen Verantwortung zu stellen.

Woelki gab persönliche Fehler im Fall des mit ihm befreundeten Priesters O. zu, dem sexueller Missbrauch vorgeworfen wurde. Der Erzbischof hatte den Fall nicht an den Vatikan gemeldet, weil der Beschuldigte wegen seines gesundheitlichen Zustandes nicht mehr vernehmungsfähig war. Mehrere Kirchenrechtler hatten ihm deshalb pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen. Zwar habe das Gutachten des Kölner Strafrechtlers Björn Gercke ihm nun bescheinigt, pflichtgemäß und rechtssicher gehandelt zu haben, sagte Woelki. Er habe jedoch nicht alles Menschenmögliche unternommen.

Das Reformbündnis "Wir sind Kirche" erklärte, es sei schwer zu glauben, dass Woelki nichts von der systembedingten Vertuschung mitbekommen habe. "Und es bleibt moralisch unverantwortlich, dass er sich nicht schon damals kritisch geäußert hat." Woelki bestritt, in seiner Zeit als Geheimsekretär und Weihbischof unter dem verstorbenen Kölner Erzbischof Joachim Meisner über Missbrauchsfälle informiert gewesen zu sein. In den Personalkonferenzen seien diese Fälle nicht diskutiert worden. Meisner war in dem Gutachten besonders schwer belastet worden.

Das Gutachten habe verdeutlicht, dass in der Vergangenheit schwere Fehler im Umgang mit den Opfern gemacht wurden, sagte Woelki. "Der Ruf der Kirche wurde höher bewertet als das Leid der Betroffenen." Es habe an Mitgefühl und Empathie gefehlt. Oft sei den Opfern noch nicht einmal zugehört worden. Zugleich hätte ein Chaos in der Verwaltung und in der Aktenführung zu einer "systembedingten Vertuschung" geführt. Das alles habe Menschenleben zerstört oder vielleicht sogar gekostet. "Das hätte so nie passieren dürfen."

Er kündigte einen grundlegenden Wandel im Umgang mit den Opfern an. Er biete jedem der über 300 in dem Gutachten aufgeführten Betroffenen ein persönliches Gespräch an. Um die Aufklärung voranzutreiben, kündigte das Erzbistum die Einrichtung einer unabhängigen Aufarbeitungskommission an. Fünf der sieben Mitglieder würden vom Land Nordrhein-Westfalen und dem Betroffenenbeirat gestellt.

Darüber hinaus habe das Erzbistum eine engmaschige Kontrolle Beschuldigter beschlossen. Außerdem werde die Aktenführung verbessert. Die Personalakten würden derzeit digitalisiert, damit künftig keine Unterlagen mehr verschwinden könnten, sagte Hofmann. Das Gutachten hatte Lücken und Unstimmigkeiten in der Aktenführung festgestellt.

Das in der vergangenen Woche veröffentlichte Missbrauchsgutachten hatte erstmals den Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Köln offengelegt und Pflichtverstöße Verantwortlicher benannt. Als Konsequenz wurden die Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominikus Schwaderlapp vorläufig freigestellt. Zudem entband Woelki den Kölner Offizial Günter Assenmacher vorläufig von seinen Aufgaben. Der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße, der damalige Leiter der Hauptabteilung Seelsorge/Personal in Köln, bot dem Papst seinen Rücktritt an.