Niedecken kann über katholische Kirche nur den Kopf schütteln

Niedecken kann über katholische Kirche nur den Kopf schütteln
20.03.2021
epd
epd-Gespräch: Holger Spierig

Köln (epd). Der Kölner Rockmusiker Wolfgang Niedecken nimmt einen zunehmenden Vertrauensverlust gegenüber der katholischen Kirche durch ihren Umgang mit Missbrauchsfällen wahr. "Ich kann da nur mit dem Kopf schütteln", sagte Niedecken in Köln dem Evangelischen Pressedienst (epd). Solange die katholische Kirche ihr System nicht von Grund auf ändere, inklusive Zölibat, würden ihr "die Menschen in Scharen weglaufen", sagte der Musiker, der am 30. März 70 Jahre alt wird. "An dieser Haltung scheitert natürlich auch eine gewissenhafte Aufarbeitung der Missbrauchsfälle."

Der "Alt-Männer-Verein" im Vatikan wähne sich immer noch in Zeiten des Absolutismus, sagte der Musiker, der in den 60er Jahren selbst Missbrauch in einem katholischen Internat in Rheinbach bei Bonn durchlebt hat. "Die haben den Knall nicht gehört", erklärte der Musiker und Gründer der Kölschrock-Band BAP.

Niedecken, der aus der katholischen Kirche ausgetreten ist, bezeichnet sich als einen "Agnostiker mit Gottvertrauen". Er sei katholisch erzogen worden. "Ich halte es für möglich, dass es einen Gott gibt, aber ich weiß nicht, wer das ist. Vielleicht gibt es auch keinen." Auf jeden Fall sei er kein Atheist, unterstreicht Niedecken. "Da bin ich in der Tradition der meisten Kölner, die, wenn vom Herrgott die Rede ist, ein bisschen strammer stehen."

Niedecken hatte unter anderem in seiner 2011 eröffentlichten Autobiografie "Für 'ne Moment" über Misshandlungen in seiner Internatszeit geschrieben. In der Talkshow Maischberger berichtete er im Jahr 2018, dass er von einem Priester geprügelt und auch sexuell missbraucht worden sei.

Das Erzbistum Köln hatte am Donnerstag ein lange angekündigtes Gutachten zum Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs durch Kirchenmitarbeiter vorgelegt. In der von dem Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki in Auftrag gegebenen Untersuchung wurden 202 Beschuldigte im Zeitraum zwischen 1975 und 2018 ermittelt. Bereits vor einem Jahr wollte Woelki ursprünglich ein anderes, bereits fertiggestelltes Gutachten einer Münchner Kanzlei veröffentlichen. Er hält es jedoch seither unter Verschluss und begründet diesen Schritt mit rechtlichen Problemen. Dieses Vorgehen sorgte für heftige Kritik.