Druck auf Erzbistum Köln wächst vor Gutachten-Veröffentlichung

Bischofsskulptur von Tilly vor dem Kölner Dom
©Oliver Berg/dpa
Die Skulptur des Düsseldorfer Karnevals-Wagenbauers Jacques Tilly trägt der Stiftung zufolge den Namen "Hängemattenbischof" und ist ein Protest des "Aktionsbündnis Betroffeneninitiativen" und der Giordano-Bruno-Stiftung seit Mittwoch vor dem Kölner Dom.
Druck auf Erzbistum Köln wächst vor Gutachten-Veröffentlichung
Vor der Veröffentlichung eines Gutachtens zum Umgang mit Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln erhöht sich der Druck auf die Bistumsleitung. Kritiker fordern Transparenz und nötige Konsequenzen. Vor dem Kölner Dom protestierten am Mittwoch Betroffene.

Köln (epd). Kurz vor der Veröffentlichung eines Gutachtens zu Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln hat der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, eine weitreichende Kursänderung der Bistumsleitung gefordert. Auch mit der Vorstellung des Gutachtens am Donnerstag werde längst nicht alles in Ordnung sein, sagte Rörig der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (online, Print Donnerstag). Es komme jetzt vor allem darauf an, "welche Verantwortung das Erzbistum dann glaubhaft und umfassend übernehmen will". Der Kölner Rechtsanwalt Björn Gercke soll am Donnerstagvormittag die Ergebnisse seiner Untersuchung vorstellen. Ein früheres Gutachten einer Münchner Kanzlei hält die Bistumsleitung wegen rechtlicher Bedenken bislang unter Verschluss.

Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" forderte die katholischen Bischöfe auf, Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchsfällen unumwunden einzuräumen. Bundessprecher Christian Weisner sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch): "Seit 2002 gibt es von den Bischöfen selber beschlossene Regeln zum Umgang mit Missbrauchsverbrechen." Diejenigen in den Kirchenleitungen, die diese Regeln nicht beachtet hätten, müssten nicht warten, bis solche Gutachten da sind. "Sie können jetzt handeln und sollten sich jetzt zu ihrem Fehlverhalten bekennen. Das gilt nicht nur für Köln."

Weisner sagte weiter: "Köln ist vor allem ein Kommunikationsdesaster. Kardinal Rainer Maria Woelki wollte der Erste in Sachen Aufklärung sein und hat einen Fehlstart hingelegt, die Betroffenen instrumentalisiert und mit einem zweiten Gutachten auf Hinhaltetaktik gesetzt. Seinem eigenen Anspruch, alles möglichst gut und gründlich aufzuklären, sei Woelki nicht gerecht geworden. "Schonungslose Aufklärung ist eine Worthülse", kritisierte er.

Der unabhängige Missbrauchsbeauftragte Rörig betonte, dass ein Rücktritt von Bischöfen nur um des Rücktritts willen nichts bringe. Ein Rücktritt sei zwar immer auch eine Zäsur und zeige, dass eine Pflichtwidrigkeit zur Aufgabe des Amtes führen kann. Fraglich sei, ob ein Rücktritt wirklich zu notwendigen Veränderungen führe, also zu einer Kursänderung. Das sei abhängig von der Veränderungsbereitschaft der gesamten Institution, sagte der Jurist.

Mit der Skulptur eines schlafenden Bischofs protestieren das "Aktionsbündnis Betroffeneninitiativen" und die Giordano-Bruno-Stiftung seit Mittwoch vor dem Kölner Dom. Die Skulptur des Düsseldorfer Karnevals-Wagenbauers Jacques Tilly trägt der Stiftung zufolge den Namen "Hängemattenbischof". Sie zeigt einen zufrieden grinsend in einer goldenen Schlafkoje liegenden Bischof. Sie ist an zwei Kreuzen befestigt, die sich unter dem Gewicht des untätigen Amtsträgers so sehr verbiegen, dass sie zu zerbrechen drohen. Der Protest soll bis Freitag fortgeführt werden.

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki wird am Donnerstag ein lange erwartetes juristisches Gutachten entgegennehmen und veröffentlichen. Die Untersuchung zum Umgang Bistumsverantwortlicher mit sexualisierter Gewalt durch Kirchenpersonal aus der Zeit von 1975 bis 2018 hatte Woelki im vergangenen Jahr bei der Kölner Kanzlei Gercke und Wollschläger in Auftrag gegeben. Unter anderem wegen der Nichtveröffentlichung eines bereits Ende 2018 in Auftrag gegebenen Gutachtens der Münchener Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl steht Woelki seit Monaten in der Kritik. Erste mögliche Konsequenzen aus der Untersuchung will Woelki am 23. März mitteilen. Ab dem 25. März soll zudem das Münchner Gutachten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

epd lwd/hei jup